Internationale Politik: Was ändert sich mit Trump?

Kommentatoren der europäischen Presse diskutieren, welche Auswirkungen Donald Trumps neuerliche Wahl zum US-Präsidenten auf weltpolitische Nebenschauplätze sowie auf die großen globalen Themen und Krisen haben wird.

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France Inter (FR) /

Netanjahu hofft auf verlässlichen Beistand

Der israelische Premier verspricht sich viel vom neuen US-Präsidenten, meint der Kolumnist Pierre Haski auf France Inter:

„Netanjahu hat bereits dreimal mit Trump seit dessen Wahlsieg gesprochen und schickt diesem einen Unterhändler, um über den Iran zu diskutieren. Die zweite Nachricht ist die Ankündigung der Ernennung eines neuen israelischen Botschafters in den USA: Er heißt Yechiel Leiter, ein Vertrauter Netanjahus mit rechtsextremem Siedlerprofil. … Diese Wahl sendet ein kompromissloses Signal aus. ... Der künftige Botschafter verkörpert eine Fortsetzung der Siedlungspolitik einschließlich der Annexion des Westjordanlands sowie die kategorische Ablehnung einer Zwei-Staaten-Lösung.“

Kapital (BG) /

Neues Machtverständnis der USA

Die bisherige Weltordnung wird unter Trump aus den Fugen geraten, erwartet Kapital:

„Was passiert, wenn die mächtigste Demokratie der Welt einen Präsidenten wählt, der die Weltordnung nicht schützen, sondern umstürzen will, während mitten in Europa ein Krieg tobt? ... Traditionelle Bündnisse werden ins Wanken geraten und wirtschaftliche Regeln neu geschrieben. Wer nicht schnell genug reagiert, steht am Ende auf der Verliererseite. ... Der klare Wahlsieg Trumps bestätigt die bereits spürbaren Veränderungen, die zu einer neuen Weltordnung führen, in der Amerika seine Macht auf neue Weise ausübt - nicht so sehr als Modell für Liberalismus und Demokratie, sondern als Supermacht, die erwartet, dass ihr Wille durchgesetzt wird.“

Yetkin Report (TR) /

Türkei sollte keine großen Hoffnungen hegen

Ankara könnte in der zweiten Amtszeit Trumps genauso enttäuscht werden wie in der ersten, warnt Yetkin Report:

„Zu den unmittelbaren Erwartungen der Türkei gegenüber Trump gehören ein Ende der Unterstützung für die YPG in Syrien, die Aufhebung der CAATSA-Sanktionen und die Zusammenarbeit in regionalen Fragen. ... Die Enttäuschung über die unerfüllten Erwartungen während Trumps erster Amtszeit hat Ankara bereits dazu veranlasst, eine eigenständigere Außenpolitik zu verfolgen. Die Türkei strebt einen pragmatischen und konstruktiven Dialog an und hofft, dass Trumps Direktheit den Weg zur Lösung langjähriger Probleme ebnen könnte. Trumps Wahlversprechen, amerikanische Interessen in den Vordergrund zu stellen, wird es ihm aber erschweren, auf die Forderungen der Türkei einzugehen.“

Politika (RS) /

Auf welcher Seite steht er im Kosovo-Konflikt?

Wird sich Trump auf die Seite Serbiens oder des Kosovo schlagen, fragt Politika:

„Dass sich die Serben noch vor der Wahl in Umfragen als jenes Volk gezeigt haben, das Trump außerhalb Amerikas am meisten unterstützt, wird der neue US-Präsident sicher bemerkt haben. ... Wenn er nach Europa kommt, wo er den Westen ziemlich verachtet, könnte er auch Serbien besuchen. Dort würde man ihn herzlicher empfangen als Putin. Doch während die Serben im Trump-Fieber sind, befinden sich die Albaner auf der Überholspur: Man analysiert immer noch, ob Behgjet Pacolli [Ex-Präsident des Kosovo] tatsächlich in Trumps Stab war oder ob das Bild Photoshop war. Bis man das rausgefunden hat, hat Pacolli wahrscheinlich schon den Grundstein für ein Trump-Denkmal gelegt. Das für Clinton in Pristina landet vermutlich irgendwo neben dem von Tito – in irgendeinem Keller.“

Cyprus Mail (CY) /

Seine Haltung hat globale Auswirkungen

Trumps Positionierung könnte den Verlauf der aktuellen Kriege entscheidend verändern, sinniert Cyprus Mail:

„Wird er sich auf die Seite von Präsident Wladimir Putin stellen und die US-Unterstützung einstellen, die für die Verteidigung der Ukraine von entscheidender Bedeutung ist? Und welche Auswirkungen hätte dies auf die Beziehungen der USA zu Europa, das den Krieg als existenzielle Bedrohung ansieht? Dann ist da noch der Krieg, den Israel im Gazastreifen und im Libanon führt. Wird Trump zu seiner Aufforderung an Israel stehen, 'die Sache zu Ende zu bringen', und welche Folgen hätte es, wenn er Israel freie Hand lässt? Kommt es zu einem Krieg mit dem Iran, wie ihn Trump während seiner ersten Amtszeit unterstützt hatte? ... Es stellt sich auch die Frage nach der Zukunft der Nato, zu deren großen Befürwortern Trump nicht zählt.“

Trud (BG) /

Nun kann die Welt genesen

Trud freut sich, dass Trumps Gegner mit ihrer scharfen Kritik nicht durchgedrungen sind:

„Sie haben versucht, ihn in den Medien zu verleumden, zu erklären, er sei ein Faschist, ein Nazi, ein Rassist und alles mögliche, doch das Volk hat bewiesen, dass niemand diesen Unsinn glaubt oder ihnen zuhört. Sie haben versucht, die Amerikaner zu spalten, indem sie erklärten, wen die Frauen wählen sollen und wen die Schwarzen wählen sollen. Das funktioniert nicht mehr und es interessiert niemanden. Sie haben versucht, ihn zu erschießen, doch er schaute ihnen ins Gesicht. ... Die Globalisten haben alle ihre Kugeln abgefeuert und Trump hat sie abgewehrt. Die Welt hat einen ersten Schritt zur Genesung gemacht.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Unberechenbarkeit auch für den Kreml gefährlich

Radio Kommersant FM skizziert, warum Trumps Wahl die Gewichte im Ukraine-Krieg nicht unbedingt zugunsten Moskaus verschiebt:

„Dass er im Wahlkampf oft Dinge gesagt hat, die für Russland angenehm und für die Ukraine unangenehm sind, heißt nicht, dass sich die Situation nicht irgendwann um 180 Grad dreht. Zum Beispiel, wenn er als Präsident beiden Seiten seinen berühmten Plan vorlegt, der den Konflikt an einem Tag beenden soll – und Moskau ihn ablehnt. Wie würde sich der impulsive US-Präsident dann verhalten? Durchaus möglich, dass er die Ablehnung als persönliche Beleidigung auffasst, sagt: 'Echt? Dann zeige ich euch mal, wozu Amerika fähig ist' und alle Beschränkungen aufhebt, die die vorsichtige demokratische Regierung Kiew auferlegt hat.“