Was Trumps Comeback für die Welt bedeutet

Donald Trump hat bei seiner Amtseinführung ein "goldenes Zeitalter" versprochen und angekündigt, den "Niedergang Amerikas" zu stoppen. Im Anschluss unterzeichnete er 78 Dekrete, um Maßnahmen der Biden-Regierung zurückzunehmen. Die USA ziehen sich aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation zurück. Was wird sich mit dem wiedergewählten US-Präsidenten ändern und wie sollte Europa reagieren?

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L'Humanité (FR) /

Teile und herrsche

Der wiedergewählte US-Präsident orientiert sich an der Devise Divide et impera, warnt L'Humanité:

„Zunächst einmal die Spaltung der US-Bevölkerung, indem die Reichen gegen die Armen aufgehetzt werden, die Weißen gegen die Minderheiten, Männer gegen Frauen. Auch die Welt will er mit dem Schwert der stärksten Wirtschaftsmacht spalten: Neuverhandlung von Zöllen, Freihandelsabkommen, bilaterale Partnerschaften. Der US-Dollar dürfte mehr als bisher zum Schiedsrichter des Finanzkapitalismus werden. 2024 hat sich der Reichtum der Milliardäre dieser Welt, wie wir von der NGO Oxfam erfahren, um zwei Billionen Dollar vergrößert. Trump ist einer von ihnen. Das von Business und Profit besessene Alphamännchen der USA will die Herrschaft privater Monopole festigen - gegenüber denen die Staaten hilflos wirken. “

The Times (GB) /

Nicht vom täglichen Drama blenden lassen

Viel wichtiger als Trumps Aktivitäten ist, was er in Schlüsselbereichen unterlässt, mahnt der frühere Außenminister William Hague in The Times:

„Die Trump-Regierung wird die Öl- und Gasförderung nicht einschränken, nicht mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammenarbeiten, Kryptowährungen nicht regulieren, sich nicht mit der Sicherheit von künstlicher Intelligenz befassen und – durch die Wiedereinführung umfangreicher Steuersenkungen – den rapiden Anstieg der US-Verschuldung nicht eindämmen. Dieses Nichthandeln wird die Zukunft langfristig weniger tragfähig machen. Die tagtäglichen Dramen werden unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber es ist die Langzeitwirkung, die am wichtigsten ist. Das Problem ist nicht die Achterbahnfahrt; das Problem ist, dass diese Achterbahnfahrt im Nichts enden könnte.“

Krytyka Polityczna (PL) /

USA bekämpfen die Geister, die sie riefen

Die USA machen eine weltwirtschaftspolitische Kehrtwende, beobachtet Krytyka Polityczna:

„Die Amerikaner haben die moderne Weltwirtschaftsordnung erst geschaffen und beschuldigen nun andere Länder, durch bestimmte Aspekte dieser Architektur Nachteile zu erleiden. Heuchlerischer geht es kaum noch. Natürlich hat die moderne Weltordnung aus amerikanischer Sicht auch Nachteile. Der Verlust eines Teils der Industriearbeitsplätze ist einer davon – aber es waren die USA, die auf die Liberalisierung des Welthandels drängten, was ihren Unternehmen die Expansion ermöglichte, während sie blockierten, dass sich Unternehmen aus Entwicklungsländern in Ruhe entwickeln.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Kein Zurück auf Dauer

Der Literaturwissenschaftler Manfred Schneider rät in der Neue Zürcher Zeitung zu Gelassenheit:

„Mögen die Mauern, die Trump um die USA errichten möchte, die Zölle und Grenzbarrikaden auch bis zum Himmel wachsen, das Land kann sich weder aus dem Welthandel noch aus der weltweiten Bewegung der Migranten herausmanövrieren. Es gibt kein Zurück auf Dauer, es gibt ebenso wenig den Wiederabstieg von einem Niveau der Bildung und Aufklärung, das einmal erreicht wurde. Es lässt sich kein Wissen verlernen. Nicht nur das Netz, auch die Vernunft vergisst nichts.“

Visão (PT) /

Vier Pfeiler einer europäischen Antwort

Die Antwort der EU auf Donald Trump muss sich auf vier Sockel stützen, schreibt der Politologe Adérito Vicente in Visão:

„Europa muss seine strategische Autonomie stärken, so schwierig dieses Ziel derzeit auch erscheinen mag. Die EU muss die Entwicklung unabhängiger Verteidigungskapazitäten beschleunigen und ihre technologische Abhängigkeit von den USA verringern. ... Da sich die USA zunehmend auf sich selbst konzentrieren, muss die EU ihre Handelsbeziehungen mit anderen Regionen stärken. ... Die EU muss den Dialog mit der US-Regierung aufrechterhalten, ohne ihre Grundwerte zu gefährden. ... Und schließlich wird die Aufrechterhaltung des inneren Zusammenhalts die größte Herausforderung für die EU angesichts des Drucks von außen sein.“

Kommersant (RU) /

Russland hat für Trump keine Priorität

Kommersant konstatiert, dass man in Russland die eigene Bedeutung in Trumps Weltbild total überschätzt:

„Während Amerika nach Beginn der 'militärischen Sonderoperation' fast zum Hauptproblem der russischen Politik geworden ist, so ist für Trumps Amerika Russland samt der Ukraine bei weitem nicht das Hauptthema, was viele in Russland nicht verstehen können. All jene, die versuchen, die Herrschaft des neuen US-Präsidenten als eine für ihn entscheidende Schachpartie mit Russland darzustellen, verfallen einer naiven Illusion. Donald Trump hat bereits deutlich gemacht, dass das Hauptanliegen seiner Regierung nicht darin bestehen wird, eine Lösung in der Ukraine zu finden. Es wird ein Simultanspiel auf vielen Brettern auf verschiedenen Kontinenten sein.“