Muss die EU nach der Trump-Wahl zusammenrücken?

Die EU-Staaten wollen als Reaktion auf die Wahl Donald Trumps ihre Zusammenarbeit in der Außen- und Verteidigungspolitik verstärken. Der hat unter anderem angekündigt, eine engere Kooperation mit Moskau anzustreben. Beruhigend oder eine Gefahr? Europas Kommentatoren sind gespalten in ihrer Bewertung dieser Pläne.

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Irish Examiner (IE) /

Trump-Putin-Pakt gefährlicher als Kalter Krieg

Dass der neu gewählte US-Präsident eine Abkehr von bisherigen Grundpfeilern der Außenpolitik angekündigt hat, lässt beim Irish Examiner die Alarmglocken schrillen:

„Trumps Frauenfeindlichkeit und Rassismus sind widerwärtig - doch sie sind nicht der beunruhigendste Aspekt seiner bevorstehenden Präsidentschaft. Das ist nämlich seine Bereitschaft, sich im Krieg gegen die IS-Miliz in Syrien mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad einzulassen. ... Trumps verachtungsvolle Haltung gegenüber der Nato stellt ebenso eine Abkehr von der bisherigen US-Außenpolitik dar. Denn es ist die Nato, die Irland trotz unserer Neutralität vor russischer Kriegslust schützt. ... Der Kalte Krieg zwischen den USA und der früheren Sowjetunion war eine Zeit, die Europa Angst eingejagt hat. Paradoxerweise ist eine militärische Allianz zwischen den beiden noch furchteinflößender.“

Tportal (HR) /

USA und Russland Garanten für Europas Frieden

Trumps Wunsch nach einem guten Verhältnis mit Moskau als Gefahr für Europa zu werten ist vollkommener Unsinn, meint hingegen Tportal:

„Europa ist und war sich selbst immer der größte Feind und hat sich im 20. Jahrhundert mit zwei Kriegen an den Rand der Selbstvernichtung gebracht. Gerade die USA und Russland haben Europa im zweiten Weltkrieg vor dem moralischen Verfall gerettet und nicht nur dem. Auch der lange Frieden in Europa nach 1945 beruht nicht auf europäischer Besinnung, sondern auf amerikanisch-russischen Absprachen, dem Gleichgewicht der Kräfte und vor allem der Unterdrückung europäischer Nationalismen. Solange sich Europa nicht nach dem Vorbild der USA Richtung demokratischer Föderation bewegt und weiterhin eine lockere Koalition überflüssiger kleiner Souveränitäten bleibt, wird es von den amerikanisch-russischen Arrangements abhängig bleiben. Und Europa bleibt nicht mehr als zu hoffen, dass diese auf friedlicher Koexistenz und stabiler Verteilung der Interessensphären beruhen.“

Latvijas Avīze (LV) /

Letten sollten sich Trump-Kritik verkneifen

Lettlands Politiker sollten gegenüber dem kommenden US-Präsidenten Vorsicht walten lassen, mahnt Latvijas Avīze:

„Es gibt unterschiedliche Meinungen, aber das ist normal. Überraschend ist die aggressive Position von ein paar führenden Politikern. Zuerst sollten die Politiker die Frage beantworten, ob die Vereinigten Staaten immer noch unsere Verbündeten sind. Ist die Antwort ja, sollte die politische Elite Lettlands das Wahlergebnis der Amerikaner respektieren, auch wenn die persönlichen Emotionen hohe Wellen schlagen. Gut, dass Lettlands Außenminister das verstanden hat. Mit gesundem Menschenverstand sollte er seine Parlamentskollegen überzeugen, keine verächtliche Bemerkungen Richtung Trump zu schicken und nicht seine Fähigkeit zu bestreiten, das Land zu leiten. Denn solche Bewertungen können der lettischen Außenpolitik und Sicherheit nur schaden.“

Der Standard (AT) /

Trump macht Risse in Europa sichtbar

Für die EU liegt eine große Gefahr in der Wahl Donald Trumps, warnt Der Standard:

„Er legt die Uneinigkeit der EU-Partner schonungslos offen. Dass der britische Außenminister Boris Johnson, der 'Mister Brexit', sich sofort auf US-Seite schlug, überrascht nicht. Aber es zeigt sich schon, dass auch Polen, die Balten, Ungarn, die Osteuropäer generell, um Trumps Zuwendung buhlen - anders als Frankreich, das eine neue Profilierungschance sieht. Es gibt viele Bruchlinien in Europa. Sie werden nun sichtbar, wie 2000, als Bush an die Macht kam, der 2003 den Irakkrieg begann. Spätestens da waren die Europäer in zwei Lager gespalten, in Tauben und Falken. 2016 ist die Lage noch gefährlicher, mit all den Krisen und Kriegen rund um Europa.“

El Mundo (ES) /

Nicht weiter abwarten und Tee trinken

Europa muss dem Populismus endlich eine positive Vision entgegensetzen, mahnt El Mundo:

„Es gäbe nichts Unverantwortlicheres als weiter mit verschränkten Armen zuzusehen. Der Brexit und die beschämende Abwicklung der Flüchtlingsproblematik beweisen, dass wir die EU neu erfinden müssen. Die enttäuschten Massen müssen in Zeiten politischer Instabilität wieder Begeisterung und Stolz auf unser Erbe spüren, wir brauchen wirtschaftliche Impulse und echte Fortschritte bei Integration und Effizienz der EU. Das verlangt Führungsstärke und politischen Willen. ... Wir leben in unruhigen Zeiten, in denen die Bürger den politischen Bruch für ein Allheilmittel halten und angesichts von Globalisierung und Multikulturalität den Sicherheitsversprechungen des Konservativismus glauben. Brüssel muss nun die Bürger davon überzeugen, dass Populismus gleichbedeutend ist mit dem Sturz in den Abgrund.“

Lrytas (LT) /

Annäherung zwischen USA und Russland wäre gut

In einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen Washington und Moskau sieht der ehemalige Chef des litauischen Geheimdienstes, Mečys Laurinkus, auf Lrytas eine Chance für Europa und die Welt:

„Der Kreml zeigt sich offen zufrieden mit dem Wahlergebnis. Das ist nicht schlecht, weil es Moskaus Verärgerung und Aggressivität mildert, es entstehen Pausen für die Diplomatie. ... Von wichtigen Vereinbarungen zwischen den USA und Russland wird abhängen, wie groß die neue Flüchtlingswelle wird, die Europa fatal zu spalten droht. Die Zerstörung des IS könnte das größte und wichtigste Ereignis in der Legislaturperiode Trumps werden und Kompromisse mit Russland würden dann nicht schaden. ... Hoffentlich wird auch das Tempo des Informationskriegs langsamer. Die heutige Propaganda-Hysterie überschreitet alle Grenzen und es wird Zeit, aufzuwachen.“

De Morgen (BE) /

EU könnte nackt und hilflos dastehen

Eine künftige enge Allianz der USA mit Russland würde für Europa dramatische Folgen haben, warnt De Morgen:

„Was der künftige Präsident seit seiner Wahl zu Syrien sagt, bestätigt, dass Trump die Nähe zu Putin sucht. Was Assad seinem eigenen Volk antut, ist Trump egal. ... Das ist genau die Position von Putin, aber auch von allen mit Moskau sympathisierenden rechtsextremen Parteien in Europa. Wenn sich die Allianz mit Russland durchsetzt, stehen wir vor einer dramatischen Verschiebung des Mächtegleichgewichts. Merkt Putin, dass er freie Bahn hat, wird er in der Ukraine weitermachen und den 'Ukraine-Trick' vielleicht auch in Estland und Lettland wiederholen, wo auch eine fünfte Kolonne ethnischer Russen bereit steht. Wenn Trump tut, was er angekündigt hat - nämlich nichts -, dann steht die fragile EU plötzlich nackt auf der Bühne der Weltpolitik.“

Jutarnji list (HR) /

Es ist Zeit für die Verteidigungsunion

Jetzt ist es an der Zeit, dass die EU sich selbst stark macht für die Zukunft, fordert Jutarnji list:

„Trump ist nun, nach den Wahlen, eine noch größere Unbekannte als er es zuvor war. Sein gefährlichster Aspekt ist seine Unberechenbarkeit. So wird erst die Praxis zeigen, ob 'The Donald' sich wirklich militärisch aus der Welt zurückziehen will und überhaupt kann. Denn die amerikanische Rüstungsindustrie hat bisher jeden US-Präsidenten um den Finger gewickelt! Aber für die Europäische Union dürfte die Frage eigentlich relativ klar sein: Trumps Desinteresse an Europa, Putins Annexion der Krim, Erdoğan, der uns mit Migranten erpresst, Frankreich, das in Lybien das Böse entfacht hat, so wie die Amerikaner und Briten in Syrien und Irak - wollen wir angesichts all dessen, dass jeder weiterhin sein eigenes Süppchen kocht? Oder sollten wir nicht die Union ökonomisch stärken und endlich die militärische Sicherheits- und Verteidigungsunion gründen - unsere Europäische Union?“

Postimees (EE) /

Trumps Unberechenbarkeit ist ein Trumpf

Trump hatte im Wahlkampf offen gelassen, ob er die baltischen Staaten gegen einen russischen Angriff verteidigen würde. Die Angst vor Russland nach Trumps Wahl hält der Kommentator Taavi Minnik in Postimees dennoch für unbegründet:

„Bis jetzt gibt es nichts, das bestätigen würde, dass Trump und sein Umfeld konkrete Schritte unternommen hätten, um sich Russland anzunähern. Spricht man von der strategischen Unberechenbarkeit Trumps, oder besser gesagt, seiner fehlenden Strategie, so ist genau das eine Eigenschaft, die Putin in den vergangenen Jahren angewendet hat, um sich Vorteile gegenüber Obama und Kerry zu verschaffen. Damit sind diese nicht klargekommen. Von nun an hält Washington den Trumpf des unberechenbaren Verhaltens in der Hand, denn für den Kreml wird es nicht klar sein, welche Schritte von dem neuen Mann und seiner Mannschaft zu erwarten sind.“

gazeta.ru (RU) /

Putins Lager freut sich zu früh

Das konservative Lager in Russland freut sich über den Sieg Trumps, doch Gazeta.ru findet das fragwürdig:

„Die Kehrseite der Untergangsstimmung unter Russlands Liberalen bezüglich Trump ist die unverständliche Euphorie des konservativ-patriotischen Flügels. Unter Trump, so heißt es, werde die russisch-amerikanische Freundschaft beginnen. Zumindest werde Putin privat mit der amerikanischen Neuauflage seines Freundes Silvio Berlusconi besser auskommen. Das letztere mag zwar zutreffen. Dennoch wird es für Moskau schwer sein mit dem Weißen Haus, in das der wunderbare Trump einzieht, auszukommen. Er selbst und sein Umfeld, das für die politische Komponente seines Wahlkampfes zuständig gewesen ist, sind Menschen mit der rechtskonservativen Reaganschen Denkart. ... Trump hat im übrigen, ganz im Einklang mit dem Reaganschen Verständnis von Frieden durch Stärke, bereits versprochen, Obamas Programm zur Kürzung von Militärausgaben im Umfang von 500 Milliarden US-Dollar zu streichen.“

Ziare (RO) /

Isolation schadet USA vor allem selbst

"Make America great again", war das Leitmotiv in Trumps Wahlkampf. Das kann aber nicht bedeuten, dass sich die Vereinigten Staaten außenpolitisch zurückziehen, meint die Journalistin Ioana Ene Dogioiu in Ziare:

„Ich glaube nicht, dass ein isoliertes Amerika, das sich von seiner Führungsrolle einer freien Welt zurückzieht, großartig sein kann. Amerikas Größe setzt eben genau voraus, dass es seine Rolle in der Nato und in den internationalen Beziehungen ausbaut - auch dort, wo Obama gezögert hat. Ein Amerika, das folgsam aus der Hand von Putin frisst und das Europa - wie in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen - vernachlässigt, kann kein großartiges Amerika sein. Es wäre ein Amerika, das sich unterwirft und einen sehr hohen Preis dafür bezahlt, so wie einst an den Stränden der Normandie.“

Pravda (SK) /

Europa muss seine Verteidigung selbst bezahlen

Mit Trump beginnt eine Phase der Unsicherheit, die Europa dazu nötigt, mehr als bisher selbst für die eigene Sicherheit einzutreten, meint Pravda:

„Trumps Äußerung, dass er beispielsweise für Estland keinen Krieg mit Russland riskieren würde, wirft die Frage nach der kollektiven Sicherheit im Rahmen der Nordatlantischen Allianz neu auf. Zwar wissen wir noch nicht, was alles nur Wahlkampfrhetorik war; klar ist aber, dass wir am Beginn einer unsicheren Ära stehen. ... Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass die USA unsere Sicherheit nicht mehr in dem Maße garantieren werden, das wir gewöhnt waren. Das reiche Europa wird seine Verteidigung selbst bezahlen müssen. Das Chaos in der Ostukraine, der Bürgerkrieg in Syrien und die nicht abklingenden Flüchtlingskrise zwingen uns dazu, uns auf uns selbst zu verlassen.“

Star (TR) /

Neue US-Regierung wird Moskau einbinden

Trumps Außenpolitik wird eine neue Ausrichtung erhalten, prognostiziert Star:

„Trumps Ansichten lassen darauf schließen, dass westliche Industrieländer Zielscheibe Trumps werden könnten, weil sie zur Verschärfung globaler Krisen [etwa der Flüchtlingskrise] beitragen, sich aber vor finanzieller Beteiligung an den Gegenmaßnahmen drücken. ... Kurz gesagt, die neuen USA werden mit Europa oft Streit haben. ... Trump wird wohl die Stabilität des alten Bündnissystems weiter garantieren. Er wird sich aber eher dem Brexit-Großbritannien, der Türkei, Israel und später auch Saudi-Arabien zuwenden. Im Gegensatz zu früher jedoch wird er diese Allianz nicht gegen Russland führen, sondern Russland aktiv miteinbeziehen. Wenn all dies eintritt, wird dies für die Türkei von Vorteil sein.“

BNS (LT) /

An Freundschaft mit EU führt kein Weg vorbei

Die USA werden sich auch unter Trump nicht von ihrem alten Verbündeten Europa trennen, glaubt die Nachrichtenagentur BNS:

„Das Muskelspiel Russlands und Chinas wird mögliche Rückzugspläne der USA vermutlich stoppen. Nach der Aggression Moskaus in der Ukraine hatten die USA beschlossen, eine Brigade amerikanischer Soldaten nach Polen zu schicken und damit um fast 1.000 Kilometer näher an die russische Grenze zu rücken. Die transatlantischen Beziehungen werden ebenfalls dadurch gestärkt, dass Peking den Wunsch hegt, in Europa mehr Fuß zu fassen. Manche Republikaner behaupten gegenüber den Litauern, dass Trump auch das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP mit Europa erfolgreich zum Abschluss bringen wird. Der Kongress unterstützt entschieden die Nato und wird Trump nicht erlauben, die Sanktionen für Russland aufzukündigen.“

Financial Times (GB) /

Diktatoren dieser Welt haben Grund zum Jubeln

Dass Trump mit seinem populistischen und illiberalen Programm ein demokratisches Vorzeigeland wie die USA erobern konnte, schwächt den Kampf für Freiheit und Menschenrechte in anderen Teilen der Welt, klagt die Journalistin Roula Khalaf in Financial Times:

„Dank Trumps Wahlsieg wird der Ruf der Demokratie großen Schaden nehmen. Autokraten auf der ganzen Welt werden sich bestärkt fühlen. Syriens Präsident Baschar al-Assad, der für die Zerstörung seines Landes verantwortlich ist, jubelt. Das tut auch Russlands Präsident Putin, der Assads Krieg unterstützt hat und von Trump gelobt wurde. Ich kann beinahe die Tränen in den Augen der Verfechter von politischer Reform, Menschenrechten und Frauenrechten sehen. Ich kann beinahe ihr Flüstern der Verzweiflung hören. Wenn eine populistische, bornierte und frauenfeindliche Botschaft Wähler im Land des Idealismus und der Demokratie mobilisiert, welche Chance haben dann die echten Problemregionen dieser Welt?“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Deutschland wird in die Pflicht genommen

Wenn Trump, wie angekündigt, außenpolitisch auf Isolationismus setzt, wird Deutschland so viel Verantwortung in der Welt übernehmen müssen, wie nie zuvor, sagt die Süddeutsche Zeitung voraus:

„Für Deutschland könnte sich die Welt gravierender verändern als nach dem Fall der Mauer. Trump wird sich, wenn er seine Wahlversprechen nicht brechen möchte, so sehr auf Amerika konzentrieren, wie das seit Langem keiner seiner Vorgänger getan hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er deshalb auch die letzten Reste jenes Schutzschirms abbauen, den die USA über die alte Bundesrepublik, über Europa und später über das vereinte Deutschland gespannt hat. Washington übernimmt die Hauptlast bei internationalen Krisen? Das wird sich ändern. Amerika trägt den Hauptteil humanitärer Hilfe in Notlagen? Ist nicht mehr zu erwarten. ... Deutschland wird international mehr Verantwortung übernehmen müssen. Nicht, weil das Spaß macht, sondern weil es mit der alten Bequemlichkeit vorbei ist.“

Rzeczpospolita (PL) /

Nun freie Hand für Moskau in Ex-Sowjetunion

Trump wird Russlands Präsident Putin wohl nun freie Hand in der Ukraine lassen, glaubt die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita:

„Von allen Problemen, die Amerika derzeit hat, wird diese Schwierigkeit wohl aus Trumps Sicht am leichtesten zu lösen sein. Es wird zwar bestimmt nicht gleich ein 'neues Jalta' geben. Doch hat man in den USA schon immer davon gesprochen, Syrien für die Ukraine quasi einzutauschen. Das heißt, Amerika lässt Russland im Bereich der ehemaligen UdSSR freie Hand, während sich die Russen dafür aus dem Nahen Osten zurückziehen. Dieses Szenario ist wahrscheinlich, weil die russische Offensive in Syrien eine Aktion gewesen ist, die für den Kreml zu viel war. Zudem gibt es innerhalb des US-Establishments weiterhin Anhänger, die die These vertreten, dass Russland innerhalb des ehemaligen Sowjetischen Imperiums seinen Einfluss behalten sollte.“

Õhtuleht (EE) /

Auch vor Reagan haben alle gewarnt

Noch ist Osteuropa nicht verloren, ist Õhtuleht hingegen hoffnungsvoll:

„Der Sieg von Trump zeigt die Unzufriedenheit der Wähler mit der bisherigen Situation und ihre Erwartung von etwas anderem. ... Wenig glaubwürdig ist jedoch, dass die Grenzen der USA nun wirklich geschlossen werden. ... Mehr Fokus auf Internes bedeutet aber weniger Aufmerksamkeit auf die Weltprobleme. Wir müssen uns anstrengen, damit unsere neuen Partner uns nicht für die Vorstadt von St. Petersburg halten, die im Tauschgeschäft vom Tisch gefegt werden kann. Die Situation ist aber gar nicht hoffnungslos. ... Auch die Wahl von Ronald Reagan schien damals für viele ähnlich erschreckend. Im Nachhinein hat er sich als der nützlichste Präsident der ganzen estnischen Geschichte erwiesen, als er den Eisernen Vorhang demolierte. So hat auch Trump alle Möglichkeiten, in die Geschichte einzugehen. Kommt nur drauf an, womit.“

Tages-Anzeiger (CH) /

USA werden nicht mehr Weltpolizist sein

Trump könnte die US-Außenpolitik sogar zum Besseren wenden, vermutet sogar der Tages-Anzeiger:

„Aussenpolitisch will Trump Abschied nehmen vom Konzept des globalen Weltpolizisten. Ein Konzept, das den USA Milliardenkosten und ein Heer von Kriegsveteranen bescherte. ... Waren denn die aussenpolitischen Interventionen der Amerikaner der letzten 30 Jahre wenigstens ein Erfolg? Nein, Haiti ist heute ein gescheiterter Staat, Afghanistan, Somalia und der Irak ebenso. Syrien und Libyen, wo Obama halbherzig eingegriffen hat, geht es nicht besser. Kosovo und Bosnien sind korrupte Gebilde am Tropf der EU, und in der Ukraine hat das forsche Vorgehen im Verbund mit der EU fast zu einem offenen Krieg geführt. Mit Hillary Clinton wäre es vielleicht noch schlimmer geworden.“

Večernji list (HR) /

Europa muss endlich Schicksal in die Hand nehmen

Die europäische Hysterie vor irrationalen Umwälzungen ist maßlos übertrieben, beschwichtigt Večernji list:

„Es wird nicht zu drastischen Veränderungen kommen. Die Aktienpreise werden sich wieder stabilisieren, genauso wie die Devisenmärkte. Die USA sind derzeit der einzige monetär und ökonomisch sichere Zufluchtsort der Welt und deshalb werden Investoren und Kreditgeber weder dem amerikanischen Markt, noch dem Dollar den Rücken kehren. Das wahrscheinliche Ende von TTIP wird vor allem Europa schaden. Während Trumps Amerika sich stärker auf sich und seine Probleme konzentrieren wird, muss Europa nun die Verantwortung für seine Sicherheit selbst übernehmen. Und das ist angesichts der instabilen geopolitischen Zukunft, die uns erwartet, gar nicht mal so schlecht.“

Mehr Meinungen

Hürriyet Daily News (TR) / 10. November 2016
  Trump steht vor außenpolitischen Mammutaufgaben (auf Englisch)