2018 - Jahr der Instabilität?
Handelskrieg zwischen China und den USA, neue Spannungen zwischen Russland und dem Westen, chaotische Brexit-Verhandlungen, Stärkung des populistischen Lagers in Europa und Proteste gegen die Eliten: Die Welt ist ein zunehmend unruhiger Ort geworden, resümieren Kommentatoren zum Ende des Jahres und stellen fest, dass alte Gewissheiten nicht mehr gelten.
Tektonische Erschütterungen
Für Europa war es ein besonders unruhiges Jahr, resümiert Jutarnji list:
„Seit den bleiernen 1970er Jahren bis heute gab es wahrscheinlich kein Jahr, in dem die politischen Systeme aller großer Staaten des Alten Kontinents gleichzeitig von solch tektonischen Erschütterungen heimgesucht wurden. In Großbritannien hieß dieser disruptive Effekt Brexit. ... In Frankreich wollte der neugewählte Präsident Emmanuel Macron sein Mandat mit grossen Plänen für Reformen im In- und Ausland beginnen, um sehr schnell an den Klippen der öffentlichen Meinung zu zerschellen. ... In Italien kam eine komische Koalition aus Populisten und ehemaligen rechten, regionalen Separatisten an die Macht, die sogleich einen Kampf mit Brüssel und den europäischen Finanzregeln eröffnete.“
Die Illusion von der besseren Welt
Knapp 30 Jahre nach dem Mauerfall hat sich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft als Illusion erwiesen, klagt das Schweizer Journal 21:
„Die Welt ist nicht sicherer geworden, nur anders: unübersichtlicher, brüchiger und auf eine Weise bedroht, die unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Die Amerikaner und die Israeli errichten neue Mauern, die Russen bringen Raketen gegen Nato-Länder in Stellung, auf Weihnachtsmärkten gehen Terroristen um, und im Mittelmeer ertrinken die Menschen. Nein, so hatten wir uns das 1989 nicht vorgestellt. Auch wenn wir nicht unbedingt vom Ende der Geschichte ausgingen, so hofften wir doch auf das Ende der weltweiten Feindseligkeiten und den Beginn einer friedlicheren Welt. Mit Terror, Cyber-Kriminaliät und neu aufflammendem Nationalismus hatten wir nicht gerechnet.“
Westliche Demokratien in Bedrängnis
Der Westen muss sich gegen zunehmenden Druck aus Russland und China wappnen, mahnt Maurizio Molinari, Chefredakteur von La Stampa:
„Die vergleichende Lektüre der Worte und Botschaften von Xi und Putin führt uns zu dem Schluss, dass beide sich auf der Gewinnerseite der Geschichte fühlen und in den populistischen Bewegungen das Symptom des unaufhaltsamen Niedergangs der liberalen Demokratien sehen. Sie bieten sich den schwächeren Staaten des Westens als Garanten der Sicherheit an, versprechen ihnen, sie unter ihre wirtschaftlichen Fittiche zu nehmen. Letztendlich setzen sie auf den Niedergang des rivalisierenden Geschäftsmodells, um dessen strategische und wirtschaftliche Vorteile zu übernehmen. Es bleibt abzuwarten, ob die Demokratien diese Herausforderung begreifen und wie sie darauf reagieren werden.“
Viel Gift für die Börsen
Warum 2018 besonders für Anleger negativ war, erklärt La Libre Belgique:
„Die sich ankündigende Konjunkturabkühlung, politische Erschütterungen in Europa (Italien, Brexit), die restriktivere Geldpolitik der Notenbanken, der Handelskrieg... Hört auf mit den Schreckensnachrichten, die Investoren sind bedient! In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Donald Trump nicht gerade dazu beigetragen hat, die Lage zu verbessern. Er, der sich damit gerühmt hatte, dass die US-Börse seit Beginn seiner Amtszeit in Bestform sei, wird seine Tweets seit einigen Monaten bereuen. Dies hat ihn jedoch nicht daran gehindert, einen beunruhigenden persönlichen Streit mit dem Präsidenten der Fed über die US-Währungspolitik vom Zaun zu brechen. Den ohnehin schon fast völlig orientierungslosen Märkten beschert er somit noch mehr Verunsicherung, wenn nicht gar Chaos.“