Schadet der Streit um die Postenvergabe der EU?
Seit Sonntag läuft ein Verhandlungsmarathon, in dem in unterschiedlichen Runden um die Vergabe der EU-Spitzenposten gerungen wird. Eine Kür des Sozialdemokraten Timmermans schien bereits in greifbarer Nähe, doch dann sperrten sich Italien und die Visegrád-Staaten dagegen. Ob am heutigen Dienstag eine Lösung gefunden wird, ist fraglich. Kommentatoren sorgen sich, dass das Hin und Her die EU schwer beschädigt.
Nur nationale Egoismen
Sme vermisst den Willen zum Kompromiss:
„Bisher dominieren eindeutig die 'nationalen' roten Linien, die es unmöglich machen, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Länder zu finden. Einer der Hauptschuldigen ist Macron. Ohne seinen enormen Druck hätten die Gegner der 'Spitzenkandidaten' nicht gewagt, den Artikel von Lissabon zu ignorieren, wonach bei der Wahl des Kommissionschefs das Ergebnis der EU-Wahl zu berücksichtigen ist. Macron spricht dem Deutschen Weber die Fähigkeit ab, die EU zu leiten. Die V4-Staaten wiederum lehnen Timmermans wegen seiner Haltung in der Migrationskrise ab. ... Ein fataler Bruch zwischen den Institutionen liegt in der Luft, sollte das EU-Parlament seinen Chef ohne Einigung mit dem Europäischen Rat wählen.“
Fatales Signal an den Rest der Welt
Über die Außenwirkung des Gezerres um die EU-Topjobs macht sich Večer Gedanken:
„Wenn bei der Verteilung der höchsten Posten alles wichtiger ist als die Kompetenz der Kandidaten, kann man wirklich nicht erwarten, dass die Partner in der Welt Europa ernst nehmen. Mit diesen Marathonverhandlungen zeigt man dem Rest der Welt lediglich, wie uneinig die EU-Mitglieder eigentlich sind. Doch Uneinigkeit ist eine Schwäche, die Europa in der modernen, globalisierten Welt am wenigsten gebrauchen kann. ... Auf der politischen Weltbühne kann nur ein einiges Europa auf Augenhöhe mit den Großmächten verhandeln.“
Diese Show darf sich nicht wiederholen
Konsequenzen aus dem unwürdigen Postengeschachere fordert Der Standard:
„Anstatt nach der EU-Wahl das Momentum eines positiven Aufbruchs zu nützen, ... fielen die Staats- und Regierungschefs zunächst in einen garstigen Wettbewerb des Zerstörens und Verhinderns zurück. ... Wenn Rat und Parlament die Union nicht noch weiter beschädigen wollen, müssen sie die neue EU-Kommission beauftragen, als ersten Akt ein neues gemeinsames EU-Wahlrecht und einen transparenten Prozess zur Ernennung des EU-Spitzenpersonals vorzulegen. Das wird die wichtigste Aufgabe des neuen Kommissionspräsidenten sein: Er muss die EU radikal demokratisieren. Eine solche Show wie heute in Brüssel darf es in Zukunft nie mehr geben.“
Jacke wie Hose
Dass es letztlich egal ist, welcher Partei der EU-Kommissionspräsident entstammt, findet news.bg:
„Längst verläuft die Spaltung in Europa nicht mehr zwischen Konservativen und Linken, EVP und Sozialdemokraten. Es geht nicht mal mehr um Fragen wie Migration, Umwelt, Wettbewerb usw. … Die Spaltung verläuft zwischen alten und neuen Playern. … Das zeigte sich besonders deutlich, als Verhofstadt am Tag nach der Europawahl eine 'breite Koalition' vorschlug aus (Achtung!) EVP, Sozialdemokraten, Alde und Grünen. Warum ausgerechnet aus diesen Parteien? Na, weil sie zusammen auf 67,11 Prozent bzw. 504 der EU-Abgeordneten kommen und man dann, Hand in Hand, so weiter leben könnte, wie bisher - in Saus und Braus. Und irgendwelche Nationalisten, Skeptiker und andere exotischen Anwärter können bleiben, wo der Pfeffer wächst.“
Parlament verspielt neu gewonnenes Vertrauen
Das EU-Parlament hat bei der Postenvergabe bislang eine ziemlich schlechte Figur abgegeben, meint die Süddeutsche Zeitung:
„Die Volksvertreter laufen Gefahr, das neue Vertrauen, das in der hohen Wahlbeteiligung zum Ausdruck gekommen ist, gleich wieder zu verspielen. Wenn sich die Fraktionen schnell gemeinsam hinter einem der Spitzenkandidaten versammelt hätten, wäre es für die Regierungschefs viel schwieriger gewesen, dieses Prinzip in Frage zu stellen. ... Beim Wähler jedenfalls ist bisher die Botschaft angekommen: Ich gebe meine Stimme ab, dann wird sie im Getriebe der EU-Institutionen zerrieben, und es ist gut möglich, dass am Ende dieses Prozesses ein Kandidat im Chefsessel sitzt, der bei der Wahl nicht einmal angetreten ist.“
EU-Politik spannend wie nie
Diejenigen, die EU-Politik für langweilig hielten und sich mehr Spannung und Intrige wünschten, kommen jetzt auf ihre Kosten, schreibt Kapital:
„Die Brüsseler Politik galt lange Zeit als langweiliges und undemokratisches Spiel, bei dem die Entscheidungen in den dunklen Gängen der EU-Institutionen getroffen werden. Das Jahr 2019 dürfte die Kritiker umstimmen. Die Entscheidungen, wer die fünf Hauptinstitutionen der EU anführen soll, werden zwar immer noch hinter verschlossenen Türen getroffen. Doch der Kampf um nationale Interessen, die Rädchen europäischer Bürokratie und den Ausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten wird nun in der Öffentlichkeit ausgetragen.“
Deutsch-französischer Streit könnte EU stärken
Das Tauziehen zwischen Frankreich und Deutschland im Poker um den künftigen Kommissionspräsidenten könnte die EU letztlich stärken, erklärt Politologe Christophe Bouillaud in Atlantico:
„Es bleibt abzuwarten, wie weit die Auflösung des deutsch-französischen Duopols geht. Sollte es zu einer echten und dauerhaften Blockade kommen, ist nicht auszuschließen, dass dies die EU stärkt, da die anderen Länder dazu gezwungen sind, sich ins europäische Spiel einzubringen. So wird dann vielleicht deutlich, dass den EU-kritischen Regierungspolitikern (etwa in Ungarn, Polen und Italien) mehr daran liegt, als sie zugeben. ... Seit 2008 will den verschiedenen deutsch-französischen Duos die Führung der EU nicht mehr so recht gelingen.“
Europäer haben nicht für Weber gestimmt
Manfred Weber ist der Spitzenkandidat der EVP, jedoch nicht der europäischen Wähler, betont die Kolumnistin Adelina Marini in Sega:
„Weber hat nicht die Europawahl gewonnen, denn es gibt keine Angaben darüber, wie viele Wähler für eine der EVP-Mitgliedsparteien gestimmt haben, nur weil Weber ihr Spitzenkandidat ist. In Deutschland war auf den Wahlplakaten der CDU und CSU das EVP-Logo abgebildet, doch auf den Stimmzetteln war nicht vermerkt, dass man seine Stimme für Weber abgibt, wenn man CDU und CSU wählt. In allen anderen Mitgliedsländern wählten die meisten Wähler ohne die geringste Ahnung, wer der Spitzenkandidat der EVP ist. Daher ist die Behauptung, dass Weber die Europawahl gewonnen habe und dass die EU-Staats- und Regierungschefs die europäische Demokratie blockieren [wenn sie Weber nicht zum Kommissionschef ernennen], falsch und überzogen.“
Die Welt wartet nicht
Das anhaltende Pokern um den Kandidaten für den Kommissionsvorsitz muss ein Ende haben, fordert Delo:
„Es ist fraglich, ob das Europaparlament letztlich Macrons Spiel mitspielt und bei der Wahl von Junckers Nachfolger die Wünsche der EU-Regierungschefs vollstreckt. Die Tatsache, dass das Machtzentrum auf EU-Ebene im europäischen Rat liegt, ist für so manch einen Parlamentarier erneut eine schmerzhafte Erkenntnis. Ein Kandidat, der Macron und die anderen zufriedenstellt, ist noch nicht in Sicht. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass sich ein Kandidat in den kommenden Tagen am Rande des G20-Gipfels in Osaka herauskristallisieren wird. Dass sich die Institutionen bekämpfen und die Auswahl des Führungspersonals so lange hinauszögern, ist das letzte, was sich die langsam funktionierende EU leisten kann. Die Welt wartet nämlich nicht.“
Ein fairer Kompromiss ist nötig
Warum Macron den EVP-Kandidaten Manfred Weber ablehnt, erklärt Ethnos:
„Macrons Veto gegen Webers Nominierung war nicht nur eine Ablehnung dieses Kandidaten. Zum einen war es Macrons Antwort auf die Ablehnung seines Vorschlags für eine umfassende Reform der EU und der Eurozone. Zum anderen reagierte der französische Präsident damit auf die deutsche Auffassung, dass die stärkste Volkswirtschaft in Europa und die größte Gruppe im EU-Parlament, die Europäische Volkspartei, das Vorrecht auf den Kommissionsvorsitz haben. Ein guter Kompromiss wäre die Wahl einer Person, die weder Berlin oder Paris noch den Norden oder den Süden in den europäischen Beziehungen stärkt.“
Das Interesse der Bürger jetzt nicht dämpfen!
Die Art der Diskussion über die EU-Spitzenposten ist nach Ansicht von Mérce der Demokratie abträglich:
„Es ist beunruhigend, dass der Auswahlprozess im Vergleich zu 2014 nicht etwa transparenter geworden ist, sondern dass die Transparenz geradezu abgenommen hat. Dabei hatte die Wahlbeteiligung bei der Europawahl nach anderthalb Jahrzehnten endlich wieder 50 Prozent erreicht. Im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen hatten die Bürger das Gefühl, die politische Bedeutung der Union sei gewachsen, weshalb eine Teilnahme an der Wahl auch wieder mehr Sinn ergäbe. Es wäre schade, dieser Tendenz nun wieder entgegenzuwirken, indem nur ein kleiner, zurückgezogener Kreis obskurer Insider das Personal für die Spitzenposten auswählt.“
Merkel und Macron müssen sich einigen
Berlin und Paris müssen endlich an einem Strang ziehen, fordert die Journalistin Teresa de Sousa in Público:
„Es ist nie leicht zu entscheiden, wer die EU-Institutionen leiten soll. Es muss in vielerlei Hinsicht eine Balance gefunden werden. Wie immer in der EU ist es erforderlich, einen Geist der Zusammenarbeit zu finden. Und offensichtlich ist es notwendig, dass sich die beiden Enden der Achse Berlin-Paris verstehen. ... Doch Merkel und Macron verstehen sich bislang einfach nicht: Macron hat recht, wenn er sagt, dass Europa 'Schwergewichte' für seine wichtigsten Institutionen braucht. Doch Berlin - gewohnt zu kommandieren - hat offenbar eine andere Vorstellung.“
Chance für das Parlament
Weil der Europäische Rat blockiert ist, könnte das EU-Parlament seine Macht ausbauen, glaubt Mediapart:
„Es ist bekannt, dass die Brüsseler Politik weitaus stärker vom Wetteifern zwischen den Institutionen (Parlament, Kommission, Rat) geprägt ist als vom Graben zwischen Links und Rechts. Die Lähmung des Rats könnte das Spiel neu eröffnen und die von vielen ersehnte 'Parlamentarisierung' Europas beschleunigen. Daher sind die in völliger Diskretion aufgenommenen Verhandlungen zwischen vier Parteien - Konservative, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne - für die Skizze eines gemeinsamen Programms entscheidend. Sie dienen als Test.“
Und wenn Merkel am Ende doch keine Socken strickt?
Spekulationen zur Vergabe der EU-Chefposten spiegelt Neatkarīgā wider:
„In der deutschen Presse und unter den Meinungsbildnern werden Stimmen immer lauter, dass Merkel, wenn sie in 'Rente' geht, doch nicht am Kamin sitzen und Socken stricken sollte: Sie könnte doch die Präsidentin der EU-Kommission werden! Entweder ist es ein politisches Spiel Deutschlands, um Macron einzuschüchtern, nach dem Motto: Wenn er gegen die Kandidatur von Weber ist, dann bekommt er dafür Merkel, der keiner so recht wiedersprechen kann. Oder es ist der Wunsch von Merkel selbst, in den höheren politischen Etagen zu bleiben.“
Mit deutschen Strippenziehern war es einfacher
Das Fingerhakeln um die Chefposten der EU wird sehr viel länger dauern als gewohnt, weil Berlin geschwächt ist, konstatiert Lidové noviny:
„Angela Merkel hatte über die CDU die Europäische Volkspartei im Griff, Martin Schulz über die SPD die Europäischen Sozialdemokraten. Mancher sah darin eine deutsche Hegemonie. Andere hielten es für günstig, weil die Konstellation auch in einer Pattsituation klare Entscheidungen ermöglichte. ... Das ist jetzt anders. Deshalb wird sich die Debatte über die Führungsfiguren hinziehen. Zugleich ist die Debatte ein Testlauf dafür, wie man sich unter neuen Bedingungen - mit geschwächten Konservativen und Sozialisten sowie gestärkten Nationalisten und Grünen - in der EU einigen kann.“
Ämter schnell vergeben und ran an die Arbeit
Dass die Ämtervergabe nun nicht unnötig in die Länge gezogen werden sollte, findet Kauppalehti:
„Es wäre wünschenswert, wenn die Spitzenposten noch vor der im Juli beginnenden EU-Ratspräsidentschaft Finnlands vergeben würden. Wird bis weit in den Herbst über die Besetzungen gestritten, gibt es keine Fortschritte bei anderen wichtigen Fragen wie dem Kampf gegen den Klimawandel oder die Einigung über den Finanzrahmen für die kommenden Jahre. Am einfachsten wäre es, wenn die Staats- und Regierungschefs den Spitzenkandidaten der aus der Europawahl als größte Fraktion hervorgegangenen EVP, Manfred Weber, zum EU-Kommissionspräsidenten ernennen würden. Das würde auch die geringsten Auseinandersetzungen mit dem EU-Parlament verursachen, das bereits festgelegt hat, dass es nur einen der Spitzenkandidaten der Parteien akzeptiert.“
Das Ende des Monopols auf Spitzenposten
Mette Frederiksen, Vorsitzende der Sozialdemokraten, die in Dänemark jüngst die Parlamentswahlen gewonnen haben, hat sich hinter die Kandidatur der liberalen EU-Kommissarin Margarete Vestager gestellt. Jyllands-Posten sieht damit die Blockstrukturen im EU-Parlament aufgebrochen:
„Die Wahlen zum Europaparlament haben gezeigt, dass die Wähler weiter hinter den großen pro-europäischen Parteien stehen, aber auch, dass Konservative und Sozialisten nicht ein Monopol auf attraktive Posten haben. Es gibt Grund genug, sich darüber zu freuen, dass die Liberalen gestärkt wurden, sowohl im EU-Parlament als auch im Kreis der Staats- und Regierungschefs, die die Posten verteilen sollen. Zweifellos hat Dänemark in diesem Spiel, das nun ernsthaft begonnen hat, eine starke Kandidatin.“
Margrethe Vestager wäre Idealbesetzung
Die frühere dänische Außenministerin und aktuelle EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager würde die Anforderungen am besten erfüllen, meint Denik:
„Als 'Spitzenkandidatin' nahm sie am Wahlkampf teil. Die Liberalen gehen aus den Wahlen deutlich gestärkt hervor. Weil sie außerdem als Dänin von Haus aus einen Hang zur Umweltpolitik mitbringt, hätte sie auch nichts gegen die Grünen als neues Mitglied der großen europäischen Vier. Ihre Nominierung könnte ein Kompromiss in Bezug auf das Tauziehen zwischen dem Parlament und dem Rat sein, so dass beide Seiten die Kriegsbeile bis zur nächsten Europawahl begraben könnten. Letzter Vorteil: Eine elegante Frau würde die EU-Chefin für alte Männer sein. Die Union würde sich zweifellos darüber freuen.“
Schon der Begriff Spitzenkandidat stößt übel auf
Warum Macron Manfred Weber verhindern will, glaubt die Chefin des Auslandsressorts von Magyar Hírlap, Mariann Öry, zu wissen:
„Zur Aufrechterhaltung der Illusion, dass das System der Spitzenkandidaten lebt, wird Emmanuel Macron mit Sicherheit nicht beitragen. Der französische Präsident verabscheut das Ganze, denn schon der Name - Spitzenkandidat - ist deutsch. Dieses Verfahren, das vom EU-Parlament gegen die Führungen der Mitgliedsstaaten durchgedrückt wurde, ist notwendigerweise ein Vorteil für die großen Parteienfamilien. Aus Paris betrachtet ist das aber keine Demokratie, sondern eine 'Partei-okratie'. Und die ist insofern ärgerlich, als dass weder bei den Sozialisten noch in der Volkspartei die Franzosen dominieren, sondern eher die Deutschen.“
Charismatische Persönlichkeit gesucht
Allzu lange darf sich die Suche nach einem Nachfolger für Juncker nicht hinziehen, warnt das Handelsblatt:
„Die EU steht massiv unter Handlungsdruck: Sie muss sich gegen die Weltmächte USA und China behaupten, den Klimawandel bewältigen und sich für künftige Migrationswellen rüsten, um nur einige Herausforderungen zu nennen. Dafür benötigt die Staatengemeinschaft handlungsfähige Leute an der Spitze. Beim EU-Gipfel am 22. Juni sollte zumindest feststehen, wer Nachfolger von Jean-Claude Juncker wird. Die EU-Regierungschefs dürfen dabei nicht der Versuchung erliegen, einen schwachen Kommissionschef zu nominieren, der nach ihrer Pfeife tanzt. Die EU braucht eine charismatische Persönlichkeit an ihrer Spitze, die den Anführern Chinas und der USA auf Augenhöhe begegnen und die europäischen Bürger überzeugen kann.“
Gute Aussichten für Barnier
Das Modell des Spitzenkandidaten hat ausgedient, glaubt Politikwissenschaftlerin Cornelia Woll in Le Monde:
„Die geringe Legitimität der Spitzenkandidaten wird sehr wahrscheinlich die Auswahl beeinflussen und eine Person begünstigen, auf die man sich leichter einigen kann - wie zum Beispiel Michel Barnier. ... Durch die Brexit-Verhandlungen ist er zum Gesicht des vereinten Europas geworden. Er wird stark vom französischen Präsidenten unterstützt, und seine Chancen sind ähnlich wie die der offiziellen Spitzenkandidaten. Denkbar ist auch, dass noch überraschendere Namen aus dem Hut gezaubert werden, wie zum Beispiel Christine Lagarde oder Angela Merkel, die das Ende ihrer Kanzlerschaft bereits angekündigt hat.“
Macron und die neue Kraft der Mitte
Wie Macron EVP-Spitzenkandidat Weber verhindern will, erklärt Radio Europa Liberă:
„Die EU-Spitzen haben bereits erste Schritte im Wettbewerb um die Chefposten der EU-Institutionen unternommen, zumal es mit den Ergebnissen der Europawahl nicht einfach werden wird, ein Machtgleichgewicht innerhalb des künftig stark fragmentierten Parlaments zu finden. An der Seite des liberalen Macrons will sich eine neue Kraft der Mitte bilden, die nun mit 109 Sitzen drittgrößte Kraft im Parlament sein wird. Macron hat sich bereits am Montagabend mit Spaniens Premier Sánchez getroffen, dem prominentesten sozialistischen Anführer Europas, um über eine mögliche Allianz zu sprechen. Sie könnte verhindern, dass der Spitzenkandidat der EVP den Chefposten der EU-Kommission übernimmt.“
Weber hat einige Makel
Warum Manfred Weber leer ausgehen könnte, erklärt Gazeta Wyborcza:
„Wenn Merkel auf Weber besteht, beginnt in der EU ein langer Streit zwischen Berlin und Paris. ... Zudem ist möglich, dass der Gipfel entscheidet, dass zumindest eine der beiden wichtigsten Positionen - Präsidentschaft der Kommission oder des Europäischen Rates - von einer Frau übernommen werden sollte. Auch das Gleichgewicht zwischen Ost und West wird bei der Besetzung der EU-Führung eine Rolle spielen. In der Diskussion für die Juncker-Nachfolge sind auch die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, der französische EU-Verhandlungsführer für den Brexit, Michel Barnier, sowie die Bulgarin Kristalina Georgieva, ehemalige EU-Kommissarin und Generaldirektorin der Weltbank.“
Fidesz ist rotes Tuch für Alde
Weber wird die nötige Unterstützung von der liberalen Fraktion im EU-Parlament nicht so einfach bekommen, meint hvg:
„Solange die EVP die ungarische Regierungspartei Fidesz nicht aus der Parteienfamilie wirft, wird es keine Zusammenarbeit mit Alde geben, so Pascal Chafin, zweiter der Liste von La Republique en Marche, der Partei von Macron. ... Es ist im ersten Moment schwer zu verstehen, was für eine Zusammenarbeit Chafin meint. Doch wenn wir weiter denken, wird klar, dass die EVP zwar noch immer die stärkste Fraktion im EU-Parlament ist, doch im Vergleich zu 2014 sieben Prozent verloren hat. Wenn Weber also Kommissionspräsident werden will, dann braucht er Unterstützer. Sein naheliegendster Verbündeter ist die liberale Fraktion Alde, die eine Rekordzahl von 109 Mandaten im EU-Parlament gewonnen hat und der auch Macrons Partei aus Frankreich angehört.“