Nato-Gipfel: Viel Aufbruch, viele Baustellen

Die Ergebnisse des Nato-Gipfels in Madrid, der am 30. Juni zu Ende ging, beschäftigen weiterhin Europas Presse: Russland gilt laut dem neuen Strategischen Konzept des Verteidigungsbündnisses nicht mehr als Partner, sondern als gemeinsame Bedrohung. Die Erweiterung nach Norden, Milliarden für Rüstung und die Stärkung der Ostflanke sind beschlossen. Wie bedeutend ist die Wiederbelebung der Nato tatsächlich?

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Verslo žinios (LT) /

Wartezeit fleißig nutzen

Litauen muss sich gut auf die für 2027 geplante Stationierung weiterer Nato-Truppen im Land vorbereiten, fordert Verslo žinios:

„Die anberaumte Fünfjahresfrist hat die Euphorie mancher Litauer, die auf die Verstärkung der Alliierten warten, gedämpft. Das überrascht nicht, denn wir haben zwei mit Aggression erfüllte Nachbarn. … Deshalb ist die Hauptaufgabe für alle Institutionen und Strukturen, die an der Stärkung der Verteidigungskraft Litauens einen Anteil haben, sich nicht nur möglichst effizient auf eine schnelle Aufstellung der deutschen Brigade vorzubereiten, sondern auch selbst alles für die eigene Sicherheit zu tun. ... Der Wille zum Widerstand, die Fähigkeit, die eigenen Mittel einzusetzen, und eine rechtzeitige Unterstützung der Alliierten sind entscheidende Faktoren.“

Evrensel (TR) /

Nato folgt den USA zum Pazifik

Für Evrensel ist ein Ergebnis des Gipfels, dass sich das Bündnis den neuen US-amerikanischen Prioritäten angeschlossen hat:

„Die Nato, eine Institution des Kalten Krieges, musste sich als globale Sicherheitsinstitution neu definieren, um nach dem Zusammenbruch der UdSSR überleben zu können. ... Der geografische Schwerpunkt der Nato blieb jedoch Europa und seine Nachbarstaaten. Der Fokus der USA hingegen verlagerte sich seit der Ära Obama immer mehr auf den asiatisch-pazifischen Raum. Das neue strategische Konzept, das auf dem Madrider Gipfel veröffentlicht wurde, ist ein Hinweis darauf, dass die Nato mit den USA in diesem 'neuen Kalten Krieg' übereinstimmt.“

Ukrajinska Prawda (UA) /

Erfolg für das Bündnis

Der Gipfel hat mehr gebracht, als man sich erhofft hatte, meint Serhij Sydorenko, Redakteur bei Ukrajinska Prawda:

„Das Gipfeltreffen der Nordatlantischen Allianz war zweifelsohne historisch. Diese Worte waren von allen Teilnehmern des Treffens der Staats- und Regierungschefs in Madrid zu hören, und sie sind keine Übertreibung. Man kann sogar sagen, dass der Nato-Gipfel in Madrid die Erwartungen übertroffen hat. Nur wenige hatten erwartet, dass das türkische Veto gegen die schwedischen und finnischen Beitrittsbeschlüsse bereits auf diesem Treffen überwunden werden würde. Allerdings ist diese Geschichte noch nicht zu Ende, denn Präsident Erdoğan hat bereits angedeutet, dass das türkische Parlament die Möglichkeit hat, gegen die Erweiterung ein Veto einzulegen.“

Jutarnji list (HR) /

Ein globales Sicherheitsnetz

Die Nato hat ihre Position nicht nur gegenüber Russland, sondern auch China durch strategische Allianzen mit anderen Staaten gestärkt, meint Jutarnji list:

„Die unteilbare Sicherheit zieht sich nun von Nordamerika über Europa bis zur russischen Grenze, hinunter nach Israel, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, umgeht Iran und geht bis Indien und den Rest des Indo-Pazifiks. ... Die Nato-Mitglieder und Japan machen mehr als 50 Prozent des globalen BIP aus und haben eine Militärmacht, mit der China es nicht aufnehmen kann. ... Dieser Pakt wird Konflikte und Diskussionen mit sich bringen, aber das ist eine Charakteristik demokratischer Allianzen. Die Volksrepublik China und Russland werden nach dem Ukraine-Krieg fast allein dastehen. Samt Iran. Zu wenig für die Weltherrschaft.“

The Observer (GB) /

Einigkeit nur oberflächlich

Es gibt im Bündnis nach wie vor keinen Konsens, wie mit Russland umgegangen werden sollte, klagt The Observer:

„Alle stimmen darin überein, dass Russlands Aggression nicht von Erfolg gekrönt sein darf. Aber bedeutet das, dass das Land auf dem Schlachtfeld in der Ukraine militärisch besiegt werden sollte, wie Großbritannien und die meisten mittel- und osteuropäischen Staaten dies fordern? Oder würde es reichen, wenn der Krieg endet, ohne dass Moskau plausibel von einem Sieg sprechen könnte, so wie Deutschlands politische Führung sich das wünscht? ... Sobald Moskau andeutet, dass es einen Waffenstillstand in der Ukraine anstrebt, werden all diese unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Nato hervorbrechen.“

Gość Niedzielny (PL) /

Unerklärliche strategische Lähmung

Gość Niedzielny begrüßt Schritte in die richtige Richtung, bemängelt aber fehlende Entschiedenheit:

„Obwohl die Nato gegenüber dem, was das Bündnis noch vor wenigen Jahren war, imagemäßige Quantensprünge macht, ist sie immer noch von einer unerklärlichen strategischen Lähmung befallen. Denn wenn man Polen und die baltischen Staaten wirklich verteidigen und vorzugsweise den Aggressor so weit abschrecken wollte, dass keine Verteidigung nötig wäre, stünden von Estland über Polen bis Bulgarien bereits mindestens 200.000 Nato-Soldaten, hauptsächlich Amerikaner. Die Erklärung der Nato, dass Russland die größte Bedrohung darstellt, muss sich in angemessenen Maßnahmen widerspiegeln.“

T24 (TR) /

Auf zwei Hochzeiten tanzen geht nicht mehr

Das neue Strategische Konzept macht es laut T24 praktisch unmöglich, dass die Türkei weiterhin eine Ausgleichspolitik zwischen dem Westen und Russland betreibt, wie dies Präsident Erdoğan auf dem Rückflug vom Gipfel im Flugzeug behauptete:

„Diese Worte haben keine Gültigkeit. Unmöglich. Nach Madrid wird die Türkei als Nato-Mitglied entweder ihre Unterschrift unter der Gipfelerklärung zurückziehen und aus der Nato austreten müssen. ... Oder sie wird im Einklang mit dem Strategischen Konzept Russland als die 'erste und direkte Bedrohung' für die Sicherheit, den Frieden und die Stabilität der Türkei und ihrer Verbündeten im Schwarzen Meer und im Mittelmeer betrachten und ihre Außenpolitik entsprechend anpassen.“

Spotmedia (RO) /

Die Zeiten der Utopie sind vorbei

Die russischen Raketen haben die westliche Welt aus einem süßen pazifistischen Traum gerissen, beobachtet Politologe Valentin Naumescu in Spotmedia:

„Sie erwacht aus dem Glauben, dass es von nun an nur aus dem Ärmel geschüttelten intellektuellen und technologischen Fortschritt geben kann, einen ewigen Frieden und politisch korrekte Diskussionen über das Canceln traditioneller Kultur und über Wokeismus, über Gletscherschmelzen und Bienensterben, über Gleichstellung der Geschlechter beim Erstellen der Kandidatenlisten fürs Parlament und darüber, wie überholt Handschellen und Gefängnisse sind. … Eine wunderbare progressive Agenda stürzt plötzlich ein, erschüttert und zerschmettert von der altmodischen Kanonade der russischen Invasionsarmee.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Abschreckung geht nicht von daheim

Das Baltikum kann nur mit Militärbasen ebendort abgesichert werden, kritisiert die Neue Zürcher Zeitung die Haltung Berlins:

„Vordergründig beteiligt sich Deutschland an einer Stärkung der Nato-Ostflanke: 3500 zusätzliche Bundeswehrsoldaten sollen bald für Litauen bereitstehen. Allerdings werden diese Soldaten nicht etwa in Litauen stationiert sein, sondern zu Hause in Deutschland bleiben. Im Verteidigungsfall sollen diese schnell verlegt werden. ... Dies zeigt: Deutschlands Verteidigungspolitik ist nach vier Monaten Krieg immer noch nicht im Zeitalter der neuen Konfrontation mit Russland angekommen. Die entscheidenden Schritte geht die deutsche Regierung nicht zu Ende.“

Ouest-France (FR) /

Endlich strategische Autonomie aufbauen

Die Europäer müssen sich in Sachen Verteidigung auf die Zukunft ausrichten, drängt François Heisbourg, Berater beim Think-Tank Foundation for Strategic Research, in Ouest-France:

„Die Nato steht so wieder im Mittelpunkt. Das heißt nicht, dass die Europäische Union kein Gewicht hat: Ohne sie wären keine harten Sanktionen möglich und langfristig keine dauerhafte und stabile politische Ordnung in Europa. Derzeit hat die Nato einen besonders großen Nutzen, doch wie sieht es auf amerikanischer Seite aus angesichts einer möglichen Rückkehr Trumps und der Wahrscheinlichkeit, dass die Aufmerksamkeit und Ressourcen der USA auf den großen Rivalen China konzentriert werden? Anstatt sich bei jeder Gelegenheit für eine strategische Autonomie auszusprechen, sollte man diese endlich aufbauen.“

La Vanguardia (ES) /

Realpolitik bedroht Umweltbewusstsein und Pazifismus

La Vanguardia erkennt, dass linke Werte immer unwichtiger werden:

„Die Realität ist, dass die diese Woche bekannt gegebene Vereinbarung zwischen den USA und Spanien über den Ausbau des Stützpunktes Rota [in Südspanien] kaum Proteste hervorgerufen hat. Die Zeiten der Demonstrationen mit dem Slogan 'Nato nein, Stützpunkte raus' scheinen der Vergangenheit anzugehören. ... Gleichzeitig leidet ein anderer großer Wert der Linken, der Umweltschutz, ebenfalls unter den Folgen des Krieges. ... Die Einhaltung internationaler Vereinbarungen zur Bekämpfung der Klimakrise wird immer schwieriger werden. ... Umweltbewusstsein und Pazifismus sind durch die Realpolitik bedroht. Hauptsache, die Wirtschaft lahmt nicht und das Militär ist stark.“

Hürriyet (TR) /

Nato verbindet Türkei mit dem Westen

Für Hürriyet ist bei dem Gipfel in Madrid wieder einmal deutlich geworden, dass

„die Nato, egal wie man sie betrachtet, die wichtigste Organisation in der westlichen Welt ist, in der die Türkei aufgrund des Konsensprinzips bei Bedarf die Entscheidungsprozesse blockieren und letztlich bei wichtigen Entscheidungen, die die Sicherheit des Westens betreffen, ein Mitspracherecht haben kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Nato neben der von ihr ausgehenden sicherheitspolitischen Abschreckung auch die wichtigste Brücke, die die Türkei im Jahr 2022 mit der westlichen Welt verbindet.“

Gazeta Wyborcza (PL) /

Polen wird Frontstaat wie einst Westdeutschland

Für Gazeta Wyborcza sind wir Zeugen einer Zeitenwende:

„Wladimir Putin hat Europa damit gedroht, den Gashahn zuzudrehen und russische Atomwaffen einzusetzen, um die Anerkennung seiner Einflusssphären zu erzwingen. Der Krieg in der Ukraine hat den Mythos eines starken russischen Militärs erschüttert. Die Nato-Erweiterung hat gezeigt, dass Putins Drohungen leer waren. Es hat sich auch gezeigt, dass man ohne russisches Gas leben kann. Doch damit ist die Sache noch nicht zu Ende. Der Konflikt in der Ukraine wird wahrscheinlich noch viele Monate andauern und die Form eines Zermürbungskrieges annehmen. In Polen kehren wir in die Zeit des Kalten Krieges zurück, und unser Land wird fortan die Rolle eines Frontstaates spielen, wie es einst Westdeutschland tat.“

Jornal de Notícias (PT) /

Der neue kalte Krieg wird teuer

Jornal de Notícias weist auf die hohen Militärausgaben hin, die die neuen Nato-Pläne nach sich ziehen:

„Zu den Beschlüssen des Madrider Gipfels gehört die Verpflichtung, die Zahl der einsatzbereiten Truppen von 40.000 auf 300.000 zu erhöhen, also Truppen, die jederzeit zum Kampf bereit sind. Mit all dem, was dies in Bezug auf Ausbildung und Ausrüstung bedeutet und was die Kosten für den Steuerzahler ausmacht. Eine Veränderung, die auch Portugal betreffen wird. Unser Kontingent auf Befehl der Nato zu versiebenfachen (dazu wären 12.000 gut bewaffnete Soldaten, fünfzig Flugzeuge, sieben Kriegsschiffe und mehr als 2.000 taktische Fahrzeuge erforderlich, über die das Land nicht verfügt), bedeutet eine noch höhere Rechnung in den kommenden Jahren. ... Der kalte Krieg wird teuer werden.“

The Insider (RU) /

Mehr Waffen liefern ging nicht

The Insider legt dar, dass der Westen der Ukraine bisher gar nicht mehr Waffen liefern konnte:

„Erstens war da nach dem Kalten Krieg der Verzicht der Nato-Staaten, bei ihrer Rüstungspolitik auf Halde zu arbeiten: Sie haben einfach keine Haubitzen, Raketenwerfer und Panzer zu Hunderten oder Tausenden in den Depots. Zudem hat die Ukraine keine qualifizierten Soldaten übrig, die man en masse zur Ausbildung an diesen Waffen schicken könnte, während andere professionelle Soldaten gegen Russland kämpfen. Zweitens setzten dem die eigenen Verteidigungspläne der Allianz Grenzen: Man konnte nicht plötzlich bei einer Mitgliedsarmee eine große Zahl moderner Waffen einsammeln, ohne eine ernsthafte Senkung der kollektiven Verteidigungsfähigkeit aller Verbündeter zu riskieren.“

Aargauer Zeitung (CH) /

Moskau ist wieder der Erzfeind

Die Aargauer Zeitung fühlt sich in der Zeit zurückversetzt:

„Eigentlich ist die neue Realität bloss die alte, seit den 90er Jahren überholt geglaubte Wirklichkeit des Kalten Krieges. Wieder ist es Russland und seine despotische Führung, welches die offenen Gesellschaften des Westens mit seiner imperialen Grossmachtpolitik bedroht. Die mächtigste Verteidigungsallianz der Welt reagiert darauf und definiert Moskau ... wieder als den Feind Nummer 1. Das ist nur folgerichtig. Wenn der Krieg in der Ukraine etwas lernen kann, dann dies: Die Nato ist weit davon entfernt, 'überflüssig' zu sein, wie vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump behauptet.“

Wprost (PL) /

Ohne Stärkung der Ostflanke ändert sich nichts

Drohungen bringen nichts, erinnert Wprost:

„Der Krieg in der Ukraine erfordert eine Änderung der bisherigen Strategie des Bündnisses, die auf der Abschreckung Moskaus durch die bloße Aussicht beruht, dass es für einen Aggressionsversuch bestraft werden könnte. ... Nur an den Grenzen des Bündnisses stationierte Nato-Truppen können seinen aggressiven Absichten Einhalt gebieten. ... Und es gibt keinen Grund, sich über die Ankündigung zu freuen, dass Russland als strategische Bedrohung für das Bündnis anerkannt wird. So viel wissen wir alle. Wenn dieser Erklärung keine konkreten Maßnahmen folgen, wird sich außer der Rhetorik nichts ändern.“

Novi list (HR) /

Soweit es geht, Hunger und Leid verhindern

Die Relevanz der in den kommenden Tagen zu treffenden Entscheidungen unterstreicht Novi list:

„Wie die Welt Ende des Jahres aussehen wird, kann niemand vorhersehen. Werden wir diesen Winter hungrig sein und arbeitslos? Werden wir frieren? Wird der Krieg in der Ukraine eskalieren? Der Gipfel in Madrid wird keine dieser Fragen beantworten. Aber die Entscheidungen, die dort getroffen werden, werden sehr wohl den Ausgang der größten geopolitischen Destabilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg beeinflussen. Es bleibt zu hoffen, dass alle Beteiligten - insbesondere in Moskau, aber auch an anderen Orten -, genügend Klugheit und Weisheit besitzen, diese Ereignisse so bald und so glimpflich wie möglich zu beenden.“

Wprost (PL) /

Russland weiter schwächen

Moskaus Verletzbarkeit jetzt militärisch auszunutzen, fordert der General Waldemar Skrzypczak in Wprost:

„Die Nato verdankt der Ukraine eine Chance, die sie ergreifen muss. Die russische Wirtschaft und Armee sind so schwach, wie sie es lange nicht sein werden. Politisch ist Russland bereits teilweise isoliert. Seine Verbündeten weigern sich einer nach dem anderen, es militärisch zu unterstützen. Der Prozess der Schwächung Russlands muss vorangetrieben werden, damit künftige Generationen von Europäern niemals wieder im Schatten eines drohenden Krieges leben müssen. ... Dies könnte sich auf dem Gipfel in Madrid zeigen.“

Financial Times (GB) /

Putin glaubhaft abschrecken

Die Nato muss klar demonstrieren, dass sie es mit der Verteidigung ihrer Ostflanke ernst meint, fordert Financial Times:

„Neun Nato-Staaten erfüllen inzwischen das Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. 19 weitere haben 'klare Pläne', dies bis 2024 zu tun. Dennoch haben westliche Verbündete seit der Besetzung der Krim und von Teilen der Ostukraine 2014 durch Russland zu viele Erklärungen und Bekundungen abgegeben, denen nichts Konkretes gefolgt ist. Die Priorität muss darin bestehen, Putin davon zu überzeugen, dass die Sicherheitsgarantien des Bündnisses für alle Mitglieder gleichermaßen gelten.“

Postimees (EE) /

Auf den nächsten Gipfel können wir nicht warten

Warum die Zeit drängt, Estlands Grenze zu Russland effektiv zu sichern, erklärt Postimees:

„Wenn Russland in der Ukraine fertig ist, braucht die Armee zwei bis drei Jahre zum Wundenlecken. Und dann können sie schon den Artikel 5 [des Nato-Vertrages] testen. Das ist die Perspektive, mit der die Verantwortlichen für Estlands Verteidigung rechnen. ... Die Uhr von Mordor tickt gegen Estland. Nato-Gipfel finden alle anderthalb bis zwei Jahre statt. Den Entscheidungen folgen lange Monate, in denen die Übereinkünfte der Politiker durch den Bau von Kasernen und die Umplatzierung von Technik und Soldaten umgesetzt werden. Wir haben keine Zeit, auf den nächsten Gipfel zu warten.“

eldiario.es (ES) /

Kriegstreiberei statt Friedenssicherung

Die Nato ist gescheitert, weil ihre Abschreckungsstrategie keinen Frieden schafft, meint eldiario.es:

„Die Kultur der Kriegstreiberei, die von dem Glauben beseelt ist, dass die Anwendung von Gewalt der einzige Weg ist, um Frieden zu schaffen, durchdringt jeden Schritt der Nato. Das macht sie zu einer kollektiven Bedrohung, die ihre hypothetischen Gegner durch eine militärische Hegemonie einzuschüchtern versucht, die Wirtschaft ihrer Mitglieder ausbluten lässt und überall Chaos, Zerstörung, Angst und Groll erzeugt. Die Nato hat es nicht geschafft, Europa Sicherheit zu bieten, und ihre derzeitige Strategie im Krieg in der Ukraine wird einen zerstörten, verwundeten Kontinent hinterlassen, der keinen besseren Ausweg sieht, als sich in die Arme der USA zu begeben.“

Diena (LV) /

Die Zeit für die Ukraine drängt

Neben den zu erwartenden Versprechen bezüglich der Ukraine drängt Diena vor allem auf das rechtzeitige Einlösen solcher Zusagen:

„Für Lettland und unsere Region wird das Thema der Bereitstellung zusätzlicher Unterstützung für die Ukraine wichtig sein, die diese Hilfe jetzt mehr denn je benötigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in dieser Hinsicht positive Entscheidungen getroffen werden, aber die Frage der Einhaltung von Zusagen und Fristen wird relevant bleiben, insbesondere im Fall einiger sogenannter alteuropäischer Länder. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass es vor allem Deutschland bisher nicht eilig hatte, das versprochene Rüstungsmaterial zu liefern.“

La Vanguardia (ES) /

Madrid sollte Konzept zur Südflanke einbringen

La Vanguardia hofft, dass Spanien als Gastgeber auch eigene Interessen durchsetzen kann:

„Der wichtigste Punkt wird die Diskussion und Ratifizierung des neuen strategischen Konzepts der Nato für das nächste Jahrzehnt sein. ... Die spanische Regierung hofft auch, dass das neue strategische Konzept ein besonderes Auge auf die Südflanke und deren Gefahren richten wird: die Nutzung der Einwanderung als politische Waffe. ... Wenn es der spanischen Regierung gelingt, die Gefahren der Südflanke in das Schlussdokument aufzunehmen - was wahrscheinlich ist -, wird sie sagen können, ein erfolgreiches Gipfeltreffen von großer Komplexität veranstaltet zu haben.“