Wie sollten Notenbanken auf Inflation reagieren?
EZB-Chefin Lagarde hat eingestanden, dass die Notenbank die Inflation unterschätzt habe. Nun ginge die EZB aber von sinkenden Teuerungsraten im laufenden Jahr aus, weshalb man die für März erwarteten neuen Prognosen zu Inflation und Konjunktur abwarten müsse, bevor man über Änderungen am geldpolitischen Fahrplan entscheide. Kommentatoren sehen das überwiegend skeptisch.
Selbstgefälligkeit ist nicht angebracht
Christine Lagarde lehnt Maßnahmen der EZB zum Kampf gegen die Inflation viel zu leichtfertig ab, findet Irish Examiner:
„Die Zahlen des irischen Statistikamts zeigen, dass die Preise im Dezember um 5,5 Prozent gestiegen sind, so schnell wie seit April 2001 nicht mehr. ... Deutschland, das Fundament der europäischen Wirtschaft, verzeichnete diesen Monat eine Verbraucherinflation von 5,3 Prozent. ... Und die Energiekosten sind anfällig für das, was zwischen der Ukraine, Russland und der Nato passieren wird. ... Es wäre also besser, wenn die EZB nicht ganz so selbstgefällig klingen würde.“
Finanzkrise wird auf Kosten der Bürger verhindert
Dass die Zentralbanken wirklich entschlossen sind, die Inflation zu bekämpfen, bezweifelt Le Point:
„Die Wahrheit ist, dass die Währungspolitik abgesehen von Worten der Entschlossenheit de facto dauerhaft sehr expansiv bleiben wird, mit realen Zinssätzen, die nach Inflationsbereinigung weitgehend im Negativbereich bleiben. Die Pandemie hat dem Unabhängigkeitsprinzip der Zentralbanken ein Ende gesetzt. Ihre Hauptaufgabe scheint nun im Schutz der Staaten vor einem Bankrott zu bestehen, indem sie deren Defizite finanzieren, anstatt durch eine Inflationsbekämpfung die Kaufkraft der Bürger zu schützen. Auf die Gefahr hin, dass man zur Vermeidung einer Finanzkrise eine soziale Krise auslöst.“
Besonderheit der Eurozone Rechnung tragen
Dass die EZB trotz der hohen Inflation weiterhin vorsichtig bleibt, ist der wirtschaftlichen Lage in der Eurozone angemessen, analysiert der Ökonom Melvyn B. Krauss in Le Monde:
„Ein zu schneller Anstieg der Zinssätze würde die Kreditkosten in die Höhe treiben und den Aufschwung in überschuldeten Mitgliedsstaaten wie Italien, Spanien und Griechenland abwürgen und könnte somit zu einem Auseinanderbrechen der Eurozone führen. Ökonomen sprechen vom Risiko der Fragmentierung. Diese Fragmentierung ist ein chronisches Problem für die Eurozone, da die EZB im Gegensatz zur Fed und zur Bank of England, die beide von einer einzigen Haushaltsbehörde unterstützt werden, mit 19 unabhängigen Haushaltsbehörden arbeitet.“
Durch höhere Zinsen zu Preisstabilität
Es gibt keinen Grund zur Panik, aber die Bank of England muss jetzt handeln, fordert The Times:
„Die Zinsen sind noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau. Seit mehr als einem Jahrzehnt haben sie die 0,75 Prozent nicht überschritten. Sie leicht anzuheben, würde die Kosten zur Bedienung der Staatsschulden oder für Kreditnehmer kaum beeinflussen, aber es hätte Signalwirkung. ... Inflation ist faktisch eine Steuer auf Unternehmen und Ersparnisse. Ziel einer Inflationssteuerung ist es, Verbrauchern, Unternehmern und Anlegern zu ermöglichen, langfristige Entscheidungen zu treffen. Wenn diese sich auf Preisstabilität verlassen können, dann können sie das als Risikoquelle ignorieren, wenn sie sich entscheiden, ob sie etwas jetzt oder später kaufen möchten.“