COP29: Klimaschutz auf dem Abstellgleis?

In Baku hat am gestrigen Montag die 29. Weltklimakonferenz begonnen. Im Fokus steht die Frage, wie globale Klimamaßnahmen finanziert werden können und wie es generell um das Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft zum Klimaschutz steht. Außerdem richten die Kommentatoren ihren Blick auf den Öl- und Gasexporteur Aserbaidschan als Gastgeber.

Alle Zitate öffnen/schließen
Eco - Economia Online (PT) /

Konkrete, ausgleichende Lösungen bitte

Eco mahnt reale Beschlüsse an:

„Der Erfolg der COP29 wird davon abhängen, ob es den Staats- und Regierungschefs gelingt, die auf höchster Ebene nötigen Kompromisse in konkrete und integrative Lösungen für den Klimaschutz zu übersetzen. Die COP29 muss sich mit den tiefgreifenden strukturellen Ungleichheiten in der Klimafinanzierung befassen, die Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht auf den Kohlenstoffmärkten stärken und operative Rahmenbedingungen schaffen, die der Widerstandsfähigkeit der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen der Welt Priorität einräumen. Letztlich werden die Ergebnisse der COP29 entweder die globalen Bemühungen um eine nachhaltige, kohlenstoffarme Zukunft vorantreiben oder untergraben.“

Naftemporiki (GR) /

Niemand will die Rechnung begleichen

Für Naftemporiki ist der Gipfel zum Scheitern verurteilt:

„Das wichtigste Diskussionsthema auf allen COP-Konferenzen der letzten Zeit war und ist das Geld. Wer wird die Rechnung für den grünen Übergang bezahlen? Die schönen Ideen der Vergangenheit sind in den letzten zwei Jahren 'verbrannt' worden, durch den Krieg in der Ukraine, die dadurch ausgelöste Energiekrise und den darauf folgenden weltweiten Anstieg der Inflation. Die enormen Staatsausgaben in früheren Krisen schränken den Spielraum in den nationalen Haushalten ein und der wachsende Populismus setzt die Regierungen unter Druck. ... Außerdem zeigt die überwältigende Abwesenheit der Staats- und Regierungschefs in Baku, dass die Regierungen gerade andere Prioritäten haben.“

La Vanguardia (ES) /

Überkommene Subventionen bleiben unangetastet

Auch La Vanguardia sieht schwarz:

„Die Führer der wichtigsten Länder sind in Baku nicht dabei. Das ist bedenklich. Weder die USA, noch die EU, China, Russland oder Indien sind auf höchster Ebene vertreten. ... Und es zeigt, dass die reichen Länder wohl kaum die Mittel bereitstellen werden, die die Entwicklungsländer fordern. ... Diese brauchen die Hilfe aber, um sich ohne Kohle und Öl zu entwickeln und um mit den schweren Überschwemmungen und Dürren fertig zu werden, die der Klimawandel verursacht. ... Das Grundproblem ist, dass die millionenschweren Subventionen, die noch immer für fossile Brennstoffe gezahlt werden, nicht in die Unterstützung nachhaltiger Energien und die Entwicklungshilfe fließen. Enormer politischer, wirtschaftlicher und sozialer Druck steht dagegen.“

Lrytas (LT) /

Kein Fortschritt ohne die USA

Ohne Washingtons Unterstützung gibt es beim weltweiten Klimaschutz kein Vorankommen, schreibt die Politologin Aistė Pikšrytė für Lrytas:

„Sobald Trump ins Weiße Haus zurückkehrt, wird die US-Energiepolitik auf eine maximale Steigerung der Öl- und Gasförderung ausgerichtet. ... Trumps Präsidentschaft wird zweifellos das Tempo der Klimamaßnahmen weltweit verlangsamen, wodurch die Ziele des Pariser Abkommens noch schwerer zu erreichen sein werden. ... Verschuldete Entwicklungsländer werden es ohne die Unterstützung der USA bei der Reform der globalen Finanzarchitektur schwer haben, die notwendigen Mittel zu mobilisieren, um aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, die Auswirkungen der Klimakrise abzuschwächen und sich an ihre Folgen anzupassen.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Es gibt auch positive Signale

Die Mehrheit der führenden Industrienationen will weiterhin an den Klimazielen festhalten, erinnert Helsingin Sanomat:

„Trump hat die Macht, den Übergang zu einer kohlenstofffreien, klimafreundlichen Wirtschaft zu verlangsamen. ... Aber der Rest der Welt kann immer noch einen stärkeren Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zumindest zwei Grad Celsius leisten. ... Die Klimamaßnahmen der EU waren bisher relativ stark. In den vergangenen Jahren hat sich auch die Einsicht durchgesetzt, dass die Klimapolitik in die Industrie- und Sicherheitspolitik integriert werden muss. … In den letzten Wochen haben sowohl die EU als auch zahlreiche G7- und G20-Länder bekräftigt, dass die Klimaziele weiterhin gelten.“

The Daily Telegraph (GB) /

Denkbar schlechter Austragungsort

Dass die COP in Aserbaidschan stattfindet, erzürnt The Daily Telegraph:

„Das übliche Schauspiel, bei dem sich Staats- und Regierungschefs in schicken Veranstaltungsräumen vernetzen und gleichzeitig ihre Wähler zu strafenden Umweltschutzmaßnahmen verdammen, ist nicht die einzige Heuchelei, die bei der diesjährigen COP zur Schau gestellt wird. Die Tatsache, dass sie in Baku in Aserbaidschan stattfindet, einem Land fossiler Brennstoffe und mit autokratischer Regierung, ist kurioserweise kein Thema. Es ist offensichtlich, dass die COP undemokratisch ist: Einfache Bürger werden nie eingeladen, vor UN-Vertretern zu sprechen. Aber ihre Abhaltung in Aserbaidschan ist ein Affront gegen demokratische Prinzipien.“

Le Monde (FR) /

Kein glaubwürdiger Gastgeber

Klare Worte an Aserbaidschans Regime fordert Le Monde:

„Die Repression hat sich in den vergangenen Monaten mit der Verhaftung von – laut NGOs – 30 Oppositionellen, Journalisten und Gewerkschaftern verschärft. Es gibt in Aserbaidschan keine einzige aktive unabhängige Organisation für Umweltschutz mehr. … Die Aserbaidschaner verfügen derzeit über keinen wirksamen Mechanismus mehr, der es ihnen erlaubt, bei Umweltproblemen, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der Verschmutzung durch die Erdöl- und Gasindustrie die Alarmglocke zu läuten. Der Kampf gegen den Klimawandel kann nicht ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft erfolgen. Das ist die Botschaft, die die in Baku versammelten Regierenden und Diplomaten Präsident Alijew überbringen müssen.“

Libération (FR) /

Trump ist der Elefant im Raum

In Baku wird sich alles um einen Abwesenden drehen, meint Libération:

„Er wird der Elefant im Raum der COP29 sein: Donald Trump, der die USA aus dem Pariser Klimaabkommen hat aussteigen lassen und dies nach seinem Einzug ins Weiße Haus erneut plant. … Wir müssen uns nun auf einen Mann einstellen, der die Macht hat, den Öl- und Gassektor wieder anzukurbeln, der alle Vorschläge zur Regulierung der Treibhausgase ablehnt, der den Klimawandel als 'Schwindel' betrachtet - kurz gesagt ein Klimaskeptiker, der nicht nur dazu steht, sondern auch stolz darauf ist. … Wie kann man auf die führende Weltmacht verzichten, wenn der Finanzbedarf gigantisch ist, um den ökologischen Wandel überall auf der Welt zu beschleunigen?“

Tages-Anzeiger (CH) /

USA werden das Rad nicht zurückdrehen können

Donald Trump wirft seinen Schatten auf die bevorstehende Klimakonferenz, meint der Tages-Anzeiger:

„Die USA werden in den nächsten vier Jahren keine verlässlichen Partner in der internationalen Klimapolitik mehr sein. Doch das waren sie noch nie. Vor 24 Jahren trat der damalige Präsident George W. Bush aus dem Kyoto-Protokoll aus, dem ersten völkerrechtlich verbindlichen Klimavertrag. Donald Trump verabschiedete sich vor 8 Jahren aus dem Pariser Klimaabkommen. Beide ignorierten die Warnungen der Klimaforschenden. Trump macht es noch heute. ... Diesmal scheinen die Staatengemeinschaft des Pariser Abkommens und die Umweltbewegung gelassen auf Trump zu reagieren. ... Auch Trump wird letztlich das Rad nicht zurückdrehen können, selbst wenn er während seiner Amtszeit die fossile Industrie stärker unterstützen will.“

Die Presse (AT) /

Chinas Chance

Bei einem Rückzug der USA aus der Klimapolitik könnte Peking in die Bresche springen, glaubt Die Presse:

„Die wenigsten glauben, dass Washington eine Austrittswelle aus dem Pariser Abkommen lostreten könnte. Das war Trump schon 2017 nicht gelungen. Vielleicht brächte es sogar Bewegung in die Verhandlungen, sagt David Waskow vom World Resources Institute. China, der weltgrößte grüne Lieferant, könnte den Platz im Rampenlicht einnehmen und mehr Verantwortung schultern. Peking könnte doppelt profitieren: Im Westen würde es moralische Gutpunkte regnen. Und in der globalen Klimapolitik könnte China seine eigenen Vorstellungen leichter durchsetzen.“