COP29: Mehr Geld fürs Klima – aber ist das genug?
Die 29. Weltklimakonferenz in Baku ist zu Ende gegangen: Zwei Wochen hatten Abgesandte aus aller Welt vorrangig um eine neue Formel für den globalen Klimaschutz-Finanzausgleich zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern gerungen. Nun einigte man sich auf 300 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2035 – bei einem berechneten Bedarf von 1,3 Billionen.
Menschen, für die es kein Morgen gibt
Leider liegt die Lösung des Problems zur Zeit in völlig falschen Händen, bedauert T24:
„Alte Onkel und Tanten mit mürrischen Gesichtern, Überbleibsel des Kalten Krieges, regieren unsere Welt. Ihnen bleiben vielleicht noch 15 oder 20 Jahre auf der Erde. Sie begreifen nicht, was hier los ist, sie haben keine Ahnung von den Lösungsmöglichkeiten. ... Sie wissen nur, wie man Kriege führt. Als ob es kein Morgen gäbe.“
Grundlage und Verstärker aller Krisen
Resigniert resümiert Večer:
„Wie sehr eine schwache Leitung der Konferenz, die Delegierte aus allen Ländern der Welt zusammenbringt, den Gesprächen schaden kann, wurde in diesem Jahr besonders deutlich. Die Situation ist buchstäblich in ein mit Öl durchtränktes Tief geraten. Veteranen der Klimaverhandlungen zeigten sich frustriert über einen Prozess, der bis auf die Knochen ausgehöhlt wurde. Sie wissen genau: Wenn auch dieser Prozess stirbt, werden alle Konflikte dieser Welt noch schlimmer und neue entstehen. Der Klimawandel ist die Grundlage und der Verstärker aller Krisen! Etwas Hoffnung gibt die Tatsache, dass alle Delegationen weiterhin an den Verhandlungen teilnehmen und dass auch eine Einigung erzielt wurde, wenn auch mühsam.“
Zumindest geht der Prozess weiter
The Irish Times atmet auf:
„COP29 stand haarscharf vor dem Scheitern, was geopolitisch zum falschen Zeitpunkt gekommen wäre und den Multilateralismus weiter untergraben sowie den Klimaschutz bedroht hätte. ... Zu den bemerkenswerten positiven Ergebnissen gehören das Finanzierungsziel von 300 Milliarden US-Dollar, die von den reichen Ländern bis 2035 jährlich gezahlt werden sollen, mit dem Plan für die Erhöhung auf 1,3 Billionen US-Dollar. Es wurde auch eine längst überfällige Einigung darüber erzielt, wie der Emissionshandel transparenter funktionieren soll. Aber viele gefährdete Länder werden dem Ergebnis nur widerwillig zugestimmt haben, denn sie wissen, dass diese Ergebnisse nicht ausreichen.“
Risiken der Atomkraft nicht aus der Welt
Weil viele Länder in der Kernenergie die Antwort auf die Klimawende sehen, weist Neatkarīgā auf eine ungelöste Frage hin:
„Nach 70 Jahren Atomkraft herrscht immer noch Uneinigkeit darüber, was mit den angesammelten radioaktiven Abfällen geschehen soll, die zum Teil Hunderttausende Jahre lang gefährlich bleiben. Die Antwort, nach der viele Regierungen suchen, ist die geologische Endlagerung – das Vergraben von Abfällen in versiegelten Tunneln tief unter der Erde. Aber nur ein Land, nämlich Finnland, hat tatsächlich eine solche Anlage gebaut, während Umweltschützer und Anti-Atomkraft-Aktivisten sagen, dass diese Art der Entsorgung, das Verdrängen des Atommülls von der Bildfläche und aus dem Gedächtnis zu riskant sei.“
Schweres Erbe für die COP30
El País erkennt keine echten Fortschritte:
„Man muss die Konferenz in Baku im geopolitischen Kontext sehen. ... Trumps Wahl und seine Drohung, die USA wieder aus dem Pariser Abkommen herauszuholen, haben das Treffen schwer belastet. ... Außerdem haben die reichen Länder mit einer langen Liste von steuerlichen und politischen Zwängen zu kämpfen, darunter Inflation, Haushaltszwänge und mehr Einfluss der populistischen Klimaleugner. Auch die chaotische Rolle des COP29-Vorsitzes war ein Faktor. Aserbaidschan ist wie Dubai ein Ölstaat, was erklärt, warum das Abkommen keine Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in die Abschlusserklärung aufgenommen hat. Brasilien wird es schwer haben, wenn es auf der dort ausgerichteten COP30 echte Fortschritte erzielen will.“
Erbärmlich von USA und China
Dass der Gipfel nur wenig Vorzeigbares vorzuweisen hat, liegt für Politiken vor allem an zwei Teilnehmern:
„Wie erbärmlich ist das denn? Die beiden größten Mächte der Welt, die USA und China, können sich nicht zusammenraufen, um die größte Herausforderung unserer Zeit, den Klimawandel, zu bewältigen. Wenn es um Handel, Krieg und Munition geht, wetteifern die beiden darum, der globale Platzhirsch zu sein, aber wenn es um den wahren Kampf um die Zukunft geht, gehen sie in Deckung. Das wurde auf dem Klimagipfel in Baku deutlich, wo die Weltgemeinschaft versuchte, sich auf ein neues Abkommen zur finanziellen Unterstützung der armen Länder zu einigen, die am meisten unter der von den reichen Ländern verursachten Klimakrise leiden.“
Europa muss vor der eigenen Türe kehren
Auch Le Soir spart nicht mit Kritik:
„Genau so entsteht Panik: Durch Stillstand oder, noch schlimmer, durch Leugnung, während die konkreten Anzeichen der drohenden Katastrophe für die Menschheit im Norden und Süden immer klarer sichtbar werden. ... Welches der aktuell führenden Länder stellt den Klimaschutz wirklich an die Spitze seiner Prioritäten? Es ist zu einfach, auf die Rückkehr Donald Trumps und seiner Verschwörung aus Klimaskeptikern und 'Liebhabern fossiler Brennstoffe' zu verweisen oder auf das unverantwortliche Verhalten von China und Indien. Auch die EU hat ihre grüne Besessenheit gerade erst gegen eine neue Priorität für Verteidigung und Industrie eingetauscht. … 'Es ist nicht einfach?' Wer kann heute noch ernsthaft diese Ausrede vorbringen?“
Wenigstens ein bisschen mehr Geld
Etwas hat die COP29 doch erreicht, wirft La Stampa ein:
„Im Pariser Abkommen von 2015 wurde beschlossen, dass die reichen Länder jährlich 100 Milliarden Dollar für die Bekämpfung der Klimakrise in den am stärksten gefährdeten Ländern bereitstellen sollten. Es ist erst zwei Jahre her, dass diese Zahl endlich erreicht wurde, aber in Baku musste eine neue Messlatte gesetzt werden. Der endgültig verabschiedete Text sieht vor, dass dieser Betrag ab 2035 auf 300 Milliarden steigen wird. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zu den letzten Entwürfen des Abkommens, in denen von 250 Milliarden die Rede war. Das ist zwar niedrig, aber doch eine erhebliche Erhöhung.“
Investitionen statt Kompensationen
In Le Temps stellt Bertrand Piccard, Vorsitzender der Umweltschutz-NGO Solar Impulse Foundation, die bisherige Logik des Finanzausgleichs in Frage:
„Wer genau wird zahlen, an wen und warum? ... Natürlich haben die größten Verursacher von Treibhausgasen gegenüber dem Rest der Welt eine Verantwortung, und es ist klar, dass die Länder, die heute am meisten darunter leiden, unterstützt werden müssen. ... Aber der Übergang von einer Welt, die fossile Brennstoffe verschleudert, zu einer Welt, die erneuerbare Energien spart, hat eine andere Logik: die einer Investition statt einer Kompensation. Hier können die Milliarden nicht aus der gleichen Quelle kommen, da eine Investition per Definition gewinnbringend ist. ... Wenn all dies nicht klarer definiert wird, werden wir weiterhin fruchtlos diskutieren.“