Wie muss Europa auf Trumps Zollpolitik reagieren?

US-Präsident Donald Trump hat die Drohung wahr gemacht und Importe aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent belegt. Die Zölle für chinesische Waren wurden um 10 Prozentpunkte erhöht. Im April sollen ähnliche Maßnahmen für weitere Länder folgen, wie Trump am Dienstag bei seiner Rede vor dem Kongress noch einmal bekräftigte. Europas Presse erörtert die Lage.

Alle Zitate öffnen/schließen
Handelsblatt (DE) /

Ein Deal ist möglich

Europa sollte nicht in Panik verfallen, empfiehlt das Handelsblatt:

„Anders als beim militärischen Kräftemessen befinden sich Europa und die USA im Handel auf Augenhöhe. Der EU-Binnenmarkt ist sogar größer als der amerikanische. China macht gerade vor, wie man mit dem Störenfried im Weißen Haus umgehen sollte. Europa sollte aber zugleich das Gespräch mit Trump suchen und ihn beim Wort nehmen. Hat der doch angekündigt, er wolle, dass die USA für ihre Exporte nach Europa nicht mehr Zölle zahlen als die Europäer umgekehrt in Amerika. Die durchschnittlichen Abgaben für Güterimporte in beiden Richtungen liegen weit unterhalb der Zehn-Prozent-Marke. Die EU spricht sogar von nur einem Prozent. Mit anderen Worten: Beide Seiten liegen nicht so weit auseinander, als dass man sich nicht auf einen Deal einigen könnte.“

De Standaard (BE) /

US-Präsident ist fest entschlossen

Die Versuche, Trump noch umzustimmen, erscheinen De Standaard unrealistisch:

„Wie viele befreundete Nationen kann Donald Trump noch wegjagen? Mexiko, Kanada, die EU, Großbritannien, Ukraine, Südafrika, Japan, Australien – alle haben sie seinen Zorn erregt und alle müssen sie vor ihm auf die Knie. ... Giorgia Meloni ist [nach Macron, Starmer und Selenskyj] die nächste Regierungschefin, die in die USA fliegt, um Trump davon zu überzeugen, dass Europa ein Verbündeter und Handelspartner ist. Aber einen Präsidenten, der bereit ist, die stärksten Demokratien, den wohlhabendsten Teil der Welt und die größten Absatzmärkte der USA von sich zu entfremden, kann man nicht gnädig stimmen.“

Unian (UA) /

Die EU gewinnt an Bedeutung

Dass Washington so viele Länder vor den Kopf stößt, bringt Brüssel in eine neue Rolle, analysiert Unian:

„Da Trump diese Zölle nicht sofort verhängte, sondern einen Monat Zeit zum Überlegen gegeben hat, haben die meisten Länder bereits damit begonnen, sich an die neue Realität anzupassen. So hat die EU etwa die Verhandlungen mit Indien über eine Freihandelszone intensiviert und baut ihre eigene Industrieproduktion (vor allem im Rüstungssektor) aus. Die Europäer sehen in Indien – und nicht in den USA – eine Alternative zu China und eine vielversprechende industrielle Basis. ... Auch die Türkei wird getroffen, die vor diesem Hintergrund ihre Verhandlungen mit der EU ebenfalls intensiviert hat. Faktisch ist Europa dabei, nach und nach alle Unzufriedenen um sich zu scharen.“

Irish Independent (IE) /

Schnell die Kooperation mit Kanada stärken

Jene EU-Mitgliedstaaten, die das Handelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) noch nicht ratifiziert haben, sollten das schleunigst tun, appelliert Irish Independent:

„Bisher haben 18 EU-Mitglieder unterzeichnet. Irland gehört zu den Zauderern, obwohl es eines der EU-Länder ist, die Kanada geografisch am nächsten liegen. ... Kanada ist jetzt ein Freund in Not. Die erdrückenden 25-Prozent-Zölle auf Exporte zum größten Handelspartner werden unweigerlich eine Rezession auslösen. ... Länder wie Kanada und Irland – gemäßigt, prinzipienorientiert, kooperativ und demokratisch – müssen in dieser neuen Welt zusammenhalten. Sonst werden wir jeweils auf uns allein gestellt im Regen stehen gelassen.“

Financial Times (GB) /

Unsichere Strategie für falsches Ziel

Der US-Wirtschaft bringt diese Politik wenig, klagt Kolumnist Maurice Obstfeld in Financial Times:

„Die Debatte über Zölle lenkt von den tatsächlich benötigten wirtschaftspolitischen Maßnahmen in den USA ab. Es bräuchte ein stärker umverteilendes Steuersystem, die Begrenzung der Marktmacht von Konzernen, weitere Gesundheitsreformen und Weiterentwicklung der Arbeitskräfte. Die Trump-Regierung bietet nichts davon. ... Die derzeit in Washington an der Macht befindlichen Kräfte sehen in Zöllen einen mächtigen Hammer – und das Handelsdefizit ist ihr größter Nagel. Aber selbst wenn der Hammer diesen Nagel einschlägt – was zweifelhaft ist –, bleiben Amerikas wahre Probleme ungelöst.“