Business as usual? Leichter gesagt als getan
Die Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 haben vielen Ländern Europas ein wenig Normalität in den Alltag zurückgebracht. Geschäfte sind wieder geöffnet, Kinder kehren in die Schulen zurück, Ausgangsbeschränkungen sind weniger restriktiv. Kommentatoren schildern, wie der Faktor Mensch in diesem Umstellungsprozess Probleme und Überraschungen mit sich bringt.
Wenn zu viel verboten wird...
In Italien wird der Einsatz einer Bürgerwehr diskutiert, die die Einhaltung der aktuellen Regeln überwachen könnte. Schriftsteller Marco Bascetta hält nichts von der Idee und schreibt in Il Manifesto:
„Wenn es eine Konstante in den Erlassen, Verordnungen und Normen gab, so war dies die ständige Dämonisierung der 'Freizeitaktivitäten', das heißt alles, was über die Arbeit hinausging - angefangen vom Sport, der physischen Pflege des Körpers, bis hin zu der des Geistes. ... Das normative Sieb, das den Anspruch erhob, das Notwendige vom Überflüssigen zu trennen, unterband vor allem jugendliche Lebensformen und die Nutzung des öffentlichen Raums. ... Selbstredend muss auch bei diesen Formen der Sozialität das Risiko berücksichtigt werden. …. Aber eine rationale und nicht mit Strafen drohende Anmahnung zur Selbstregulierung wäre sozial akzeptabler und vielleicht sogar effektiver.“
Warum die Tschechen die Masken nicht ablegen
Die Mehrheit der Tschechen bedeckte am gestrigen Montag in der Öffentlichkeit wie gehabt Mund und Nase - obwohl die Pflicht dafür entfallen ist. Hospodářské noviny spekuliert über die Gründe für dieses Verhalten:
„1. Desorientierung: Die Leute haben angesichts der ständig geänderten Vorschriften die Abschaffung nicht mitbekommen. 2. Trägheit: Der Mensch neigt zur Routine, selbst wenn sie keinen Sinn macht. 3. Angst: Die katastrophalen Folgen der Epidemie in Italien, Spanien oder den USA haben sich ins Gedächtnis eingegraben. 4. Verantwortungsbewusstsein: Ein Teil der Menschen ist (zu Recht) davon überzeugt, dass die Masken andere Mitmenschen vor einer Infektion schützen. ... In jedem Fall ist es aber prima, dass die Leute nun frei entscheiden können, wie sie mit den Masken weiter umgehen.“
Vernunft braucht Hoffnung
Der neuen Normalität kann man nur mit der nötigen Stärke und Reife begegnen, wenn es auch eine positive Zukunftsperspektive gibt, meint Jornal de Notícias:
„Dies ist die Erwachsenenphase der Pandemie. Nach der Angst und der Isolation muss jetzt gesunder Menschenverstand, staatsbürgerlicher Sinn und individuelle Verantwortung vorherrschen. Reife. Wir wollen diese 'soziale Diktatur' nicht über das Notwendige hinaus verlängern. Niemand verlangt Libertinage, aber zum Teufel nochmal, wir brauchen Raum, eine Perspektive, einen Türspalt, einen Horizont, der uns das verlorene Gleichgewicht (emotional und physisch) zurückgibt. Und wir brauchen wirklich, wirklich sehr, einen wirtschaftlichen Hoffnungsschimmer, der die dunklen Spuren der Arbeitslosigkeit, der Verzweiflung und des Hungers pulverisiert. “
Lektion nicht verstanden
Dass gerade so viele Verbote und Beschränkungen unkoordiniert gelockert werden, ist fatal, warnt die Süddeutsche Zeitung:
„Bedrückend an der derzeitigen Lage ist, dass etliche Menschen die Erleichterungen im Alltag irrigerweise als Signal verstehen, dass alles gar nicht so schlimm war. ... Dabei spiegelt die Entwicklung nur das bekannte Präventionsparadox wider, wonach gerade der Erfolg von Vorsicht und Vorsorge den Eindruck bestärkt, dass die Bedrohung so groß ja nicht gewesen sein kann. ... Seltsam eigentlich, denn wer mit Schirm trocken bleibt, während ein Schauer niedergeht, käme auch nicht auf die Idee, anschließend zu leugnen, dass es gerade geregnet hat. Die Lektion 'Pandemie für Anfänger', die während der ersten Welle anstand, wurde jedenfalls nicht richtig verstanden.“
Wie stark ist Europas mentales Immunsystem?
Die Reaktion der Menschen auf Überwachungsinstrumente, die wegen Covid-19 eingeführt wurden, ist ein wichtiger Indikator für Europa, glaubt Magyar Hang:
„Peking experimentiert gerade damit, die Schüler zum Tragen eines Thermometrie-Armbandes zu verpflichten. Auch an glücklicheren Orten der Welt werden vielfältige Überwachunstechnologien ausgebaut. Viele waren am Anfang aufgrund der Sorge wegen des Virus bereit, diese zu akzeptieren. ... Ab welchem Zeitpunkt werden wir das Gefühl haben, dass das, womit wir gestern noch einverstanden waren, heute eine schwere Verletzung der Menschenwürde darstellt? ... Wie stark ist eigentlich das mentale Immunsystem der Gesellschaften Europas? Das 20. Jahrhundert hat da enttäuschende Erfahrungen geliefert. Wir waren in den vergangenen Jahrzehnten im Glauben, dass wir uns gegen autoritäre Tendenzen gerüstet haben. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob das stimmt.“
Hinter den Vorhängen versteckt sich die Angst
Rumänien beginnt am Freitag mit ersten Lockerungen. Doch wie die Rückkehr zu einem normalen Alltag für alle gelingen kann, fragt sich Ziarul Financiar:
„Hinter den Vorhängen in den Fenstern gibt es Hunderttausende Menschen, die sich in ihren Häusern verschanzt haben. Wie holt man diese Leute wieder auf die Straße, wie nimmt man ihnen die Angst? … Ihr habt die Krankenhäuser geleert, um Platz für die Virusinfizierten zu machen. Es sind hierzulande gut 1.000 Menschen gestorben und vermutlich werden leider noch einige Hunderte sterben. Doch Hunderttausende andere brauchten vielleicht in dieser Zeit einen Arzt und wurden ohne Hilfe gelassen. … Das Schwierigste wird für die Leute sein, wieder zum normalen Leben zurückzukehren. Sie werden sagen: Angst schützt auch. Ja, sich zu schützen, ist gut. Doch haben es die Behörden übertrieben.“
Auch an die psychologischen Folgen denken
Satakunnan Kansa warnt davor, sich beim Weg aus dem Lockdown nur von wirtschaftlichen Überlegungen leiten zu lassen:
„Derzeit wird viel über den Corona-Exit gesprochen. ... Im Fokus der Nachrichten dazu steht aber stets die Wirtschaft. Es ist verständlich, wenn die Wirtschaft häufig Priorität hat. Doch gilt dies ohne Ausnahme, wird die Erinnerung unserer Gesellschaft an die Corona-Zeit am Ende ziemlich kalt sein. Natürlich wollen Angehörige beim Sterben mit dabei sein. Man möchte die Hand halten, über das Haar streichen und daneben sitzen, bis alles vorbei ist. … Hoffentlich bietet die Gesellschaft den Menschen, die sich wegen der letzten einsamen Momente ihrer Angehörigen nun quälen, psychologische Hilfe.“
Zweifel sind gut
Virologen warnen vor zu schnellen Lockerungen, ohne jedoch klare Vorhersagen machen zu können. Dass die Wissenschaft sich nicht als allwissend zeigt, empfindet der Schriftsteller und Physiker Paolo Giordano in Corriere della Sera als positiv:
„In einer von Selbstsicherheit geprägten Ära haben Wissenschaftler den Zweifel wieder ins Zentrum des Diskurses gerückt. Sie haben versucht, Fragen nicht mit Slogans, sondern mit anderen Fragen zu beantworten, und haben für uns die verbotene Kategorie des Nichtwissens wiederentdeckt. ... Wenn man den Wissenschaftlern etwas vorwerfen will, dann nicht ihr Nichtwissen oder ihre unterschiedlichen Meinungen, sondern das Gegenteil: Sie waren manchmal nicht willens genug, die Grenze zwischen Wissen und Nichtwissen zu verteidigen. Mit anderen Worten, sie haben sich manchmal zu sehr von dem Bedürfnis der Medien anstecken lassen, 'Hoffnung zu machen'.“
Jetzt Verhaltensforscher konsultieren
Um besser zu antizipieren, wie die Menschen mit den Lockerungen umgehen werden, müsste man eine Task Force von Verhaltensforschern gründen, drängt eine Gruppe von Gesundheitspsychologen in Le Soir:
„So würde man wahrscheinlich erfahren, dass ein und dieselbe Verhaltensweise je nach Gruppe (jüngere oder ältere Personen, Wohlhabende oder weniger Privilegierte) nicht auf die gleichen Faktoren zurückzuführen ist. Es ist möglich, dass die Faktoren, die uns eine Maske tragen lassen, sich stark von denen unterscheiden, die unsere soziale Distanzierung bewirken. Folglich könnten fundierte wissenschaftliche Empfehlungen, die an jede einzelne Gruppe und Verhaltensweise angepasst sind, die politischen Entscheidungen leiten.“
Mit der Freiheit kommt der Zwiespalt
Auf etwa der Hälfte des spanischen Territoriums beginnt am heutigen Montag Phase eins des Corona-Exits. Erstmals darf man wieder Freunde und Verwandte treffen und die Außenbereiche der Cafés und Restaurants nutzen. Die große Erleichterung wird sich nun auch nicht breitmachen, glaubt La Vanguardia:
„Zwei Monate zu Hause zu bleiben war schmerzvoll, aber doch leicht, weil es keine Alternative gab. Jetzt muss man eine Unzahl schwieriger Entscheidungen treffen. Atemschutzmaske? Handschuhe? Nutze ich die U-Bahn? Gehe ich zurück ins Büro? Ist dieses kleine Unwohlsein Grund genug, zu Hause zu bleiben? Besuche ich meine Eltern? Setze ich mich ins Straßencafé, obwohl der Sicherheitsabstand nicht gewahrt wird? Nehme ich die Einladung zu einem verbotenen Treffen an?“
Auf rationale Angst muss rationaler Mut folgen
Um die Zeit zu überbrücken, bis ein Heilmittel oder Impfstoff gefunden ist, muss eine Strategie für den Umgang mit Covid-19 gefunden werden, meint Jutarnji list:
„Wir dürfen nicht nochmal in eine Situation geraten, in der ganze Städte oder Regionen wegen einer erkrankten Familie blockiert werden. … Es mag grausam klingen, aber wir werden die Zahl der Infizierten in ein Verhältnis mit der Anzahl der Intensiv-Betten und Beatmungsgeräte bringen müssen. Nicht, weil die Europäische Kommission dies vorschlägt, sondern wegen uns, der Zukunft unserer Wirtschaft und unserer Kinder. ... Es war einfach, sich für strenge epidemiologische Maßnahmen zu entscheiden. Man wurde von rationaler Angst geleitet. Doch jetzt muss man mutig sein und mit dem Risiko leben.“
Franzosen richten sich im Kindermädchen-Staat ein
Frankreichs Bürgern behagt die Bevormundung durch den Staat, glaubt Essayist Jean-Philippe Vincent in Le Figaro:
„Die Franzosen werden als verantwortungslose Erwachsene betrachtet und sie sehen sich auch selbst als solche. An jedem Tag des Lockdowns warten sie auf die Anweisungen der Regierung. … Gewiss, es kommt vor, dass Einzelne diesen oder jenen Aspekt des Corona-Krisenmanagements kritisieren. … Doch diese Kritik bleibt letzten Endes oberflächlich. Was viele der Regierung vorwerfen, ist, nicht mit absoluter Gewissheit und Effizienz gegen sämtliche Ärgernisse der aktuellen Krise vorzugehen. Man hätte gern, dass die Regierung sowohl Zauberkräfte hat als auch unfehlbar ist. Viele Franzosen sind zu 'Abhängigen' geworden, die Autorität ist für sie nunmehr eine uneingeschränkt zu konsumierende Droge. Wir haben das Zeitalter des Kindermädchen-Staats erreicht.“
Die Menschenwürde darf nie aus dem Blick geraten
Der Schutz von Menschenleben kann in der Corona-Krise mit dem Schutz der Menschenwürde kollidieren, meint Publizist Péter Techet in hvg:
„Die Menschenwürde alleine ist noch kein hinreichendes Argument gegen die strikten Beschränkungen. Doch wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig werden oder zu lange anhalten, können sie die Menschenwürde gefährden. Man kann hier auf die Kinder hinweisen, die in einer sie belastenden Familienumgebung eingesperrt sind. Auf die Patienten, die aus den Krankenhäusern entlassen werden [ohne Rücksicht auf ihr Befinden, um Platz für Corona-Patienten zu schaffen]. Oder auf diejenigen, deren Leben die Wirtschaftskrise zerstört hat. Bei jeder Maßnahme muss berücksichtigt werden, dass der Schutz der Würde des Menschen der oberste Wert ist. Menschenleben müssen und können nur im Rahmen dieser Würde geschützt werden.“
Zweite Welle wird förmlich herausgefordert
Die Menschen in Budapest scheinen den Horror der ersten Infektionswelle schon vergessen zu haben, schreibt die regierungsnahe Magyar Hírlap:
„Verständlicherweise sind die Bürger langsam müde und der Selbstbegrenzung und dem Gefangensein überdrüssig. Der Verkehr auf den Straßen von Budapest ist fast so dicht wie früher, und das Einkaufsfieber vor dem Osterfest kam einem Biowaffen-Anschlag gleich. Die Menschen joggen nachmittags massenhaft auf der Margareteninsel, und der Ausflugsort Normafa ist Tag für Tag voll mit Menschen. Es scheint, als ob die Bürger, sobald der erste Schreck überwunden ist, sich einen noch größeren Schlag ins Gesicht - nämlich eine zweite Welle der Pandemie - wünschen würden.“
Öffnung geht viel zu langsam
Die britische Regierung will den Lockdown nur langsam aufheben, wie Boris Johnson gestern verkündete. Das zeugt von Feigheit, schimpft The Daily Telegraph:
„Gesellige Zusammenkünfte im Land jahrelang zu verbieten ist ein viel zu hoher Preis, wenn man damit erreicht, die Gesamtzahl der Todesfälle in diesem Jahr - alle Todesursachen eingerechnet - von 650.000 auf 600.000 zu reduzieren. Wenn jemand wirklich glaubt, die Regierung halte das für einen vertretbaren Preis, wäre das eine Sache. Man würde die Regierung für ziemlich verrückt und völlig ungeeignet halten, ein Land zu führen, aber zumindest könnte man ihren Standpunkt nachvollziehen. Doch die Wahrheit ist, dass die Regierung weiß, dass es falsch ist. Das Ganze möglicherweise noch weiter in die Länge zu ziehen, wie das die Minister und ihre Berater jeden Tag im Fernsehen vorschlagen, ist moralisch nicht zu vertreten.“
Bürger, benehmt euch!
Belgien lockert die Corona-Beschränkungen und erlaubt begrenzt wieder soziale Kontakte. Doch ohne die Disziplin der Bürger geht es nicht, warnt De Morgen:
„Auch wenn die große Mehrheit sich gut verhält, wird es immer eine Gruppe geben, die die Regeln missachtet. Das Corona-Virus hat gezeigt, dass es wenig Gnade kennt mit solchem Egoismus. Der Weg zu einer normaleren Gesellschaft ist ein todernstes Spiel mit drei Spielern. Einer ist das heimtückische Virus, der zweite das Vorgehen der Regierung mit seinen Qualitäten und Mängeln. Und der dritte sind wir selbst, die Bürger. Die besonderen Regeln werfen, wie immer, Fragen auf. ... Wir interpretieren das, was die Regierung von uns verlangt, am besten so einfach wie möglich: Benehmt euch. Entweder das, oder der Polizeistaat. “
Reine Image-Politik von Erdoğan
In der Türkei dürfen ab dem 11. Mai wieder Einkaufszentren und Friseure öffnen, Turkish Airlines nimmt ab Ende Mai den Flugbetrieb wieder auf. Erdoğan brauchte wohl positive Schlagzeilen, meint T24:
„Da ist einerseits der Erfolg der [oppositionellen] CHP-Rathäuser, andererseits der wirtschaftliche Engpass, der uns ausnahmslos alle erwartet; der Anstieg der Arbeitslosigkeit, die ohnehin herrschende Krise. Da will Erdoğan so schnell wie möglich das Volk davon überzeugen und das Image verbreiten, dass im Kampf gegen das Virus ein Erfolg errungen wurde. ... Dabei warnen die Mitglieder des Wissenschaftsrates weiterhin. ... Die zu schnelle Rückkehr zur 'Normalität' birgt außergewöhnliche Gefahren.“
Gefährliche Lust auf Freiheit
Dass die Bereitschaft zur Selbstbeschränkung nachlässt, beunruhigt die Süddeutsche Zeitung:
„In Krisen kommt der kritische Moment immer dann, wenn der Druck, die Anspannung nachlassen. Zu Beginn war die Angst übermächtig, die Bereitschaft zur Unterordnung groß. Nun schwindet die Bereitschaft, und die Lust auf Freiheit kriecht aus allen Poren. ... Welchen Preis ist eine Gesellschaft bereit zu zahlen, um Leben zu schützen? Diese Entscheidung trifft am Ende wohl keine Kanzlerin, kein Premierminister, keine Ministerpräsidentenkonferenz und kein Kabinett. Diese Entscheidung trifft eine Gesellschaft selbst - durch ihr Verhalten. Gesellschaften haben in der Regel einen wenig ausgeprägten Sinn für die Gefahr. ... An diesen Wendetagen im Corona-Frühjahr könnte sie ihr Gespür in die falsche Richtung treiben.“
Kultur nicht hintenanstellen
In Frankreich dürfen Festivals frühestens ab Mitte Juli wieder stattfinden, Theater, Kinos und Konzertsäle bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Die Kultur in der Exit-Strategie derart zu benachteiligen, ist ein Unding, klagt Stargeiger Renaud Capuçon in Le Journal du Dimanche:
„Eine zeitliche Hierarchisierung, bei der die Lockerungen als letztes für die Kulturwelt gelten würden, stünde im Widerspruch zu unserer Mission, zu unserer Identität und zur kulturellen Ausstrahlung, zu der wir beitragen. ... Wir Künstler sind bereit, uns anzupassen, und überzeugt, dass unser leidenschaftliches und solidarisches Publikum sich an die besonderen Umstände anzupassen weiß. Wir brauchen Bach, La Fontaine, Ravel und Molière so sehr! ... Seien wir der Lage gewachsen, indem wir mit Organisation, Methode und Kreativität aufwarten. Wir müssen uns mit Bravour neu erfinden. “
Erneutes Anwachsen der Infektionszahlen droht
Nowaja Gaseta warnt vor zu frühen Lockerungen:
„Vor allem darf man ein erneutes Anwachsen der Infektionszahlen nicht verpassen. Doch in vielen Ländern erhält die Staatsführung diese Informationen erst sieben bis zehn Tage später, wenn die Krankheit dazu führt, dass ein Mensch ins Krankenhaus muss. Außerdem braucht es ein vollkommenes System zur Verfolgung der Kontakte von Infizierten. ... Auch wird es kaum gelingen, sichere Abstände in den überfüllten Verkehrssystemen der Metropolen einzuhalten.“
Tourismus könnte epidemiologische Bombe werden
Kroatien fängt ab heute an, schrittweise die Corona-Maßnahmen zu lockern, auch im Tourismus. Jutarnji list hält das für riskant:
„Eine potentielle epidemiologische Bombe überschattet die scheinbar gute Nachricht über eine mögliche Liberalisierung des touristischen Einreiseregimes nach Kroatien. Der Tourismus macht 15 bis 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, es ist also wichtig, dass er stattfindet. ... Eine Frage für die europäischen Minister und ihr heutiges Treffen: Werden die Touristen während ihres teuer bezahlten Urlaubs die Maßnahmen des Krisenstabs befolgen wollen, den Abstand einhalten und dafür Sorge tragen, ihre Gastgeber nicht anzustecken? Vielleicht, aber was machen wir, wenn sie unter der heißen Sonne, auf der Terrasse am Meer, entscheiden, dass dies unwichtig ist?“
Regionale Unterschiede berücksichtigen
In Dänemark gibt es in der Hauptstadt viel mehr Covid-19-Fälle als in der Provinz. Die in Süddänemark erscheinende Jydske-Vestkysten macht sich deshalb für lokale Lockerungen stark:
„Hier müssen jetzt intelligente Lösungen her, die Rücksicht nehmen auf die Unterschiede in unserem Land. Überall in Dänemark ist es entscheidend wichtig, dass das Wirtschaftsleben wieder in Gang kommt. In einigen Gegenden ist das aber leichter als in anderen. Die Verbreitung des Virus ist zum Beispiel in Süddänemark und Nordschleswig bedeutend niedriger als auf Seeland oder in Herning. Deshalb wäre es logisch, die Begrenzungen dort zu lockern, wo das Ansteckungsrisiko am geringsten ist, wie es in unserer Gegend der Fall ist.“
Risiko für Lehrer mitbedenken
Bei der Entscheidung über die Öffnung der Schulen darf das Wohl der Lehrer nicht vergessen werden, fordert Kainuun Sanomat:
„Premierministerin Sanna Marin sorgt sich sehr um die Kinder, die derzeit unter den unterschiedlichsten Bedingungen zu Hause sind. … Sehr viel weniger Beachtung wurde der Tatsache geschenkt, dass in den Schulen außer den Kindern auch sehr viele Erwachsene arbeiten. … In den Schulen sind viele Lehrer beschäftigt, die einer Risikogruppe angehören. Sollen sie in engem Kontakt mit Hunderten von Menschen ohne jegliche Schutzausrüstung arbeiten? Die Regierung muss nun überlegen, ob eine zweiwöchige Öffnung vor den Ferien die Situation der Schüler, die die Schule aus sozialen Gründen benötigen, wirklich so entscheidend verbessert, dass dafür die Gesundheit von Tausenden Lehrern gefährdet werden kann.“