Ende der Ampel: Warum und wie weiter?
Die deutsche Ampel-Koalition ist am Ende: Bundeskanzler Scholz (SPD) kündigte am Mittwochabend an, Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu entlassen, weil dieser sein Vertrauen zu oft gebrochen habe. Lindner seinerseits warf Scholz vor, die Notwendigkeit für grundlegende Änderungen in der Wirtschaftspolitik nicht zu erkennen, wie er sie jüngst vorgeschlagen hatte. Scholz will im Januar die Vertrauensfrage stellen, die Opposition fordert mehr Tempo.
Deutschland in unruhigen Gewässern
The Spectator zeigt sich besorgt:
„Was als Nächstes kommt, ist alles andere als klar. Da die Haushaltsgespräche gescheitert sind und die FDP nun nicht mehr in der Koalition ist, hat Scholz keine parlamentarische Mehrheit, um ein neues Konjunkturprogramm zu verabschieden. Deutschland wird es deshalb im nächsten Jahr an einer klaren Wirtschaftsstrategie fehlen. Das dürfte zwar sehr wahrscheinlich erst ein Problem für die nächste Regierung werden, doch in der Zwischenzeit wird Deutschland wirtschaftlich orientierungslos in die stürmischen Gewässer des Jahres 2025 einfahren.“
Scholz kann nicht führen
Es wäre zu einfach, nur Lindner die Schuld zu geben, betont Zeit Online:
„Scholz’ Ampel ... war so verzankt und in sich widersprüchlich, dass viele Wähler und Wählerinnen sich mehr Führungsstärke des Regierungschefs gewünscht hätten. Doch Scholz kam diesem Bedürfnis nur selten nach. Und wenn er sprach, dann so technokratisch und kompliziert, dass er nicht recht durchdrang. So schuf Scholz selbst das Vakuum, das Lindner und andere unzufriedene Ampelpolitiker über Gebühr nutzten. Auch bei den Grünen machten führende Parteimitglieder zuletzt Scholz’ Führungsstil recht offen für den Zusammenbruch der Ampel mitverantwortlich.“
Nicht weiter durchwurschteln
Es ist nicht gerade der ideale Zeitpunkt, und doch war der Koalitionsbruch wohl das kleinere Übel, befindet die taz:
„[E]s ist eine absurde Vorstellung, dass der Bundeskanzler über die Marktplätze der Republik turnen soll, um noch ein paar Rentner von der Sozialdemokratie zu überzeugen, während Trump die Weltordnung verändert, mit unabsehbaren Folgen für den gesamten Westen, aber auch die Ukraine, Israel und Palästina. Aber ist der Schritt hin zu Neuwahlen deshalb falsch? Es stimmt, das Timing ist schwierig, und Stabilität kann manchmal ein Wert für sich sein. Doch ein Weiter-so der Ampel wäre eine noch schlechtere Nachricht gewesen. Denn eine Lehre aus Trumps Wahlsieg ist auch: Mitte-Parteien, die sich weiter durchwurschteln, haben gegen den Rechtspopulismus auf Dauer keine Chance.“